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 Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel

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Faules_Kätzchen
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Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel Empty
BeitragThema: Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel EmptyDo Mai 19, 2011 10:45 pm

Manfredo in Bedrängnis
Samstag,
den 30. Juli
2009
Sehr zu Lucy's Leidwesen hatte ich ihr gestern eröffnet, dass Katy ab heute bei uns wohnen würde. Ihre schwachen Proteste, dass sie doch wohl nicht dafür gearbeitet und den Kredit abbezahlt hatte, nur damit es nun noch enger wurde, weil wir ja zu dritt waren, überging ich einfach. Die hatte hier immerhin gar nichts zu melden! Was konnte ich denn dafür, wenn sie so fanatisch ihre Obstplantagen betüttelte und Tom Nook in den Arsch kroch? Und dann bestand sie auch noch darauf, dass Katy von nun an auch am Kredit mitabzahlte! Ich hab ihr nur erwidert, dass sie nicht zu entscheiden hatte, was Katy tat, und damit basta. Dann wollten Katy und ich ein Bett für sie kaufen, doch auf dem Weg begegneten wir dem ollen Schrumpel-Bürgermeister, der Katy erstmal begrüßen musste und uns unendlich lange aufhielt mit seinem Geschwafel, so lange, bis der Nook schon geschlossen hatte. Katy meinte zwar, sie könne auch auf dem Teppich schlafen, doch ich bestand darauf, dass wir uns mein Bett teilten. Als wir jedoch ins Schlafzimmer kamen, stand dort schon ein drittes Bett, weiß der Geier, wo das herkam. Auf jeden Fall gehörte es von nun an Katy.

Ich wachte heute auf, weil es an der Tür klingelte. Schlaftrunken taumelte ich die Treppe hinunter und fragte mich gähnend, wer das sein konnte, bis mein Blick auf die Küchenuhr fiel: halb neun. Ach ja, jetzt fiel es mir wieder ein: Ich hatte gestern Vormittag mit dem Nook ein Brötchenabo für ein halbes Jahr vereinbart. Von nun an gab es jeden Tag zwei andere Brötchen: Montags Schokocroissants, Dienstags Käsebrötchen, Mittwochs Zuckerhörnchen, Donnerstags normale Croissants, Freitags Quarkbrötchen, Samstags Bagel und Sonntags normale Brötchen.
Das war zwar nicht billig gewesen, doch jetzt war ich froh darüber, dass ich das Abo abgeschlossen hatte; sonst hätte ich Katy nur Toast und Bella Nutella anbieten können.
Ich öffnete die Tür und nahm vom Briefträger die Tüte entgegen. Sie war noch warm. Hatte der Nook die Bagel etwa selbst gebacken? In diesem Fall sollte ich eventuell mein Abo kündigen, dachte ich und stellte die Tüte auf den Tisch.
„Morgen, Manfredo!“, gähnte eine verschlafene Stimme von der Treppe her. Katy stand in einem kurzen schwarzen Schlafanzug auf der untersten Stufe und streckte sich. Ihr Haar stand ungekämmt in alle Richtungen ab, als hätte sie in eine Steckdose gefasst. „Wer war das?“
„Brötchenabo.“, erklärte ich und hob die Tüte. „Für heute hab ich Bagel bestellt. Zwei Stück, einen für dich und einen für mich. Toast haben wir auch noch. Und Lucy isst immer dies komische Müsli da.“ Ich zeigte abwertend auf die Papiertüte neben dem Kühlschrank, die wie die Verpackung von Kaninchenfutter aussah. „Aber das willst du dir vermutlich nicht antun, oder?“
„Nee, ich esse auch Bagel. Aber erstmal muss ich mich anziehen. So kann ich doch nicht frühstücken.“, erklärte sie und zog an einer verknoteten Haarsträhne.
„Okey-dokey, dann zieh ich mich auch erstmal an.“, sagte ich und folgte ihr die Treppe hoch. Unwillkürlich befühlte auch ich meine Haare. Fast zuckte ich zusammen, als ich merkte, wie strubbelig sie über Nacht geworden waren. Was sollte Katy jetzt von mir denken? Aber andererseits, was hatte ich denn erwartet? Dass meine Frisur perfekt blieb, wenn ich mich im Schlaf in meinem Bett herumkugelte? Meine Haare waren weder ordentlicher noch unordentlicher als sonst, stellte ich fest, als ich mich im Schlafzimmerspiegel betrachtete. Das einzig Ungewohnte war doch nur, dass Katy mich zum ersten Mal ohne gestylte Bürzelfrisur sah. Aber sie schien sich so früh am Morgen sowieso nichts aus perfekten Frisuren zu machen, wie sie selbst eindrücklich präsentierte. Ich schnappte mir meinen Kamm und mein extra starkes Haargel in der coolen silbernen Tube, wandte mich erneut dem Spiegel zu und begann, mir einen schönen ordentlichen Bürzel zu stylen. „Was grinst du denn so?“, fragte ich, als ich Katys feixendes Gesicht im Spiegel sah. „Das dauert halt ein bisschen, wenn's auch halten soll!“
„Na, wie du meinst. Du bist auf jeden Fall der erste Junge, den ich kenne, der länger an seinen Haaren rumfummelt als ein Mädchen.“
„Pah, nur weil dein Cousin schon keine Haare mehr hat!“
„Was soll das denn heißen? Dass F.K. sich gar nicht mehr mit seinen Haaren beschäftigen muss? Was glaubst du eigentlich, wie alt er ist, dass sie ihm schon ausfallen? Er rasiert sich natürlich! Trottel.“, sagte Katy und polterte die Treppe runter. Doch aus ihrem Mund klang „Trottel“ gar nicht wie eine Beleidigung, sondern fast schon wie ein Kompliment. Grinsend zupfte ich meine Haare zurecht. Dieses Mädel war echt einmalig verrückt.
„Du, Manfredo, was ist das da eigentlich für ein Raum?“, hörte ich Katys Stimme von unten und kurz darauf das leise Jammern einer Tür, die dringend mal geölt werden wollte. Das Herzchenzimmer!
„NICHT ÖFFNEN!“, brüllte ich ohne nachzudenken, fuhr wie von der Tarantel gestochen hoch und rannte ihr nach. Ich sprang zwei Stufen gleichzeitig hinunter und prallte so heftig mit Katy zusammen, dass sie fast die Treppe hinuntergefallen wäre, hätte ich sie nicht schnell genug am Arm gepackt. Während sie mich noch verdutzt anschaute, zog ich schnell die Tür zu. „Hey!“, beschwerte sie sich, „Wieso darf ich da nicht reingucken? Was hast du eigentlich? Ist doch nur ein... ganz entzückender Raum in pink. Und da steht ein Bett drin. Wieso schläft dort keiner? Dann wäre es im Schlafzimmer nicht so eng. Ach komm schon, lass mich doch mal da rein!“ Sie zog erneut die Tür auf und ich schob sie sofort wieder zu.
„Nein! Das geht nicht. Weil... weil der Raum Lucy gehört. Hier, siehst du, die Möbel stehen nicht richtig an der Wand.“, stotterte ich, deutete ganz kurz in den Raum und knallte die Tür sofort wieder zu. Ich bemerkte selbst, wie hirnlos sich das anhörte. Katy hob die schmalen Augenbrauen. „Du benimmst dich echt komisch, Manfredo. Was macht es für einen Unterschied, ob der Raum dieser Schnarchtante gehört oder nicht?“
„Naja... also, Lucy bringt uns um, wenn wir da reingucken. Glaub mir, die kann ganz schön biestig werden, auch wenn man's ihr nicht ansieht. Letztes Mal hat sie... mich mit Kokosnüssen bombardiert. Das ist keine angenehme Erfahrung, sag ich dir! Ich hatte tagelang blaue Flecken! Ja.“ Meine Ohren glühten inzwischen wie Holzkohle auf dem Grill. Halt den Mund! Du machst es nur noch schlimmer!
Katy verschränkte nur die Arme und tat so, als würde sie grübeln. „Sollte mich das davon abhalten, mich dort mal umzuschauen? Mal scharf nachdenken. Nein, ich wüsste nicht, wieso.“
Bevor ich reagieren konnte, hatte sie die Tür ein drittes Mal aufgerissen und war hineingeschlüpft.
„KATY - KOMM – DA – RAUS!“ Es war mir jetzt schnuppe, was sie von mir dachte; sie durfte nur diesen Raum nicht sehen! Ich rannte ihr nach und wollte sie wieder herauszerren, doch sie entwischte mir und sprang auf das Herzchenbett. Rosa Konfetti flog wie in einer Staubwolke in die Luft. Ich wollte mich auf sie stürzen, aber Katy sprang schnell auf der anderen Seite des Bettes herunter und lachte laut, als ich in die flauschigen Kissen purzelte und in der weißen Häkeldecke verhedderte. „Sehr witzig!“, fauchte ich und strampelte wie verrückt, um mich zu befreien. „Lucy bringt uns um! Sie – bringt – uns – um!“
„Jetzt mach nicht aus 'ner Mücke 'nen Elefanten, du Spielverderber. Wenn du mal aufhören würdest, hier alles zu verwüsten, würde sie gar nicht merken, dass wir in ihrem Zimmer waren. Überhaupt sieht es hier ziemlich staubig aus, meinst du nicht? Scheint ja lange her zu sein, dass sie diesen Raum überhaupt betreten hat.“ Lässig schlenderte sie durch den Raum, während ich noch an den Decken zerrte und mich immer mehr verknotete. „Oh, schau mal! Da steht was auf den rosa Herzchenballons.“, sagte sie. „Ein V und ein M...“
„Da-das ist kein V, sondern ein schiefes L!“, quiekte ich verzweifelt.
„Wie du meinst. Aber M... wer könnte das sein? Weißt du´s zufällig?“
„Nein. Und ich will's auch gar nicht wissen. Hilf mir doch endlich mal, ich hab Hunger, also lass uns doch einfach -“
„Aha! Ich glaube, da stehen die Namen drauf!“ Sie bückte sich und verschwand für einen Moment aus meinen Blickfeld. Als sie sich wieder aufrichtete, hielt sie zu meinem Entsetzen die pinke Lavalampe in der Hand, die ich Vanessa zu ihrem dreizehnten Geburtstag geschenkt hatte! Katy betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die Unterseite. „Mann, ist das 'ne Sauklaue. Für – Va – nessa – von -“
Geistesgegenwärtig rollte ich mich wie ein Judoka vom Bett, packte mit den Zähnen die Schnur vom Rollo und zog im Fallen das pinke Ding herunter. Augenblicklich war es fast stockdunkel. „Sorry, Katy!“, rief ich und versuchte, so zu klingen, als ob es mir leid tat, „Ich bin vom Bett gefallen. Jetzt hilf mir doch bitte mal, und lass uns endlich essen!“
Ich hörte Katy seufzen, dann ihre gedämpften Schritte auf dem Flauschteppich und ihr unterdrücktes Kichern, als sie mich in der Dunkelheit erkannte. „Alter, was hast du denn gemacht? Du siehst ja aus wie ein Engerling!“
Engerling?! Mamma mia! Hätte sie nicht wenigstens so tun können, als würde sie mich auch für einen coolen gefesselten Judoka halten? Aber egal, ob nun Engerling oder Judoka – Hauptsache, Katy ließ endlich die Finger von diesem Raum und alles, was darin zu finden war!

„Du verschweigst mir doch Etwas.“, sagte Katy beim Frühstück, die es zum Glück vorerst aufgegeben hatte, den Raum zu durchstöbern. Ich verschluckte mich an meinem Milchshake. „Wie kommst du denn darauf?“, würgte ich hervor und prustete die Milch über den Tisch.
„Naja, du hast mir noch nie davon erzählt, dass Lucy mit zweitem Namen Vanessa heißt.“
„Ach so!“ Ich war so erleichtert, dass ich laut und wohl etwas überdreht auflachte und dabei noch mehr Milchshake ausspuckte. „Ja, ja, das ist ihr Zweitname.“
Grinsend biss ich in meinen Bagel. Dabei fing ich Katys Blick auf. Sie musterte mich, als hätte ich mich plötzlich vor ihren Augen in Tom Nook verwandelt. „Bist du sicher, dass es dir gut geht?“, fragte sie skeptisch.
„Oh, aber mamma mia, ich hab mich nie besser gefühlt!“ Dann kam mir eine Idee. Die ganze Zeit über hatte ich darüber gegrübelt, wie ich alles Verdächtige aus dem Herzchenraum wegschaffen konnte, ohne dass Katy es merkte. Jetzt wusste ich plötzlich, wie.
„Sag mal, möchtest du nicht mal nachschauen, was die Schneiderei heute für Sachen im Angebot hat?“, schlug ich Katy vor. „Hey, die haben echt cooles Zeug! Ich hab meine Klamotten da auch alle her.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Wenn du meinst. Soll ich dir noch beim Abräumen helfen?“
„Nein, nein, geh lieber jetzt, bevor die besten Sachen weg sind! Ich mach das schon, keine Panik auf der Titanic.“
„Na gut...“ Mit einem letzten argwöhnischen Stirnrunzeln in meine Richtung stapfte Katy aus der Küche. Im Türrahmen schaute sie sich noch einmal über die Schulter nach mir um, als würde sie sich fragen, was ich im Schilde führte. Ich lächelte mein unschuldigstes Lächeln und winkte ihr ganz dämlich zu, während ich so tat, als würde ich den Tisch abräumen. Endlich fiel die Tür ins Schloss und ich lauschte dem Klackern ihrer Absatzschuhe, bis es so leise geworden war, dass ich mich sicher genug fühlte.
Jetzt oder nie! Und nie kam nicht in Frage.
Schnell stellte ich die Teller wieder auf dem Tisch ab, die ich in die Hand genommen hatte, um schwer beschäftigt auf Katy zu wirken. Dann lief ich eilig die Treppe hoch bis zu der Tür, die zu dem Raum führte, in dem Vanessa und ich früher unsere schönsten Momente verbracht hatten. Früher? Naja, vor ein paar Monaten. So lange ist es noch gar nicht her, stellte ich fest, als ich den Raum betrat. Noch immer hing das Rollo vor dem Fenster, sodass von draußen niemand herein schauen konnte. Eigentlich ganz gut, dann konnte Katy mich nicht entdecken; andererseits würde ich sie aber auch nicht kommen sehen. Egal. Ich musste jetzt aufräumen. Dazu konnte ich das Rollo auch unten lassen, da inzwischen von außen so kräftig die Sonne dagegenstrahlte, dass hier nun ein angenehmes, rosarotes Dämmerlicht herrschte. Für einen Moment bildete ich mir fast ein, Vanessa würde auf dem Bett sitzen. Aber das war natürlich hirnlos. Vanessa ist Vergangenheit!, sagte ich mir immer wieder, als ich begann, aufzuräumen. Ich konnte schlecht die Möbel aus dem Haus tragen, ohne dass Katy es bemerkte, aber immerhin würde ich alles Persönliche entfernen können, was meine Beziehung mit Vanessa verriet.
Es versetzte mir jedes Mal einen Stich, als ich das Fotoalbum mit Bildern von Vanessa und mir, die vielen Liebesbriefe und die schrumpligen rosanen Luftballons, auf die wir unsere Initialen geschrieben hatten, zusammen in einen Müllsack stopfte. Aber ein echter Mann durfte sich nicht durch seine Gefühle vom Notwendigen abbringen lassen! Schon gar nicht, wenn es so lächerliche Gefühle waren! Immerhin war ich jetzt mit Katy zusammen. Ich durfte Vanessa einfach nicht nachtrauern!
Plötzlich hörte ich ein Geräusch unten an der Tür. Blitzschnell schleuderte ich den Beutel unter das Bett und rannte aus dem Raum. Doch anscheinend hatte nur jemand an der Tür geklopft. Es klopfte wieder. Ich überlegte, ob ich es ignorieren sollte, als Strafe dafür, mich bei einer so wichtigen Tätigkeit gestört zu haben, doch dann dachte ich mir, wenn ich sowieso schon auf der Treppe stand, konnte ich auch aufmachen. Und wenn ich ehrlich war, war ich natürlich auch ein wenig neugierig, wer das sein mochte.
Leider hatten wir keinen Türspion – der wäre ja in Sachen Spionage fast eine Konkurrenz für mich gewesen! -, also war ich ziemlich überrascht, als ich dem schwulen Bertram plötzlich Angesicht zu Angesicht gegenüber stand. „Guten Morgen, Manfredo.“, sagte er mit seiner sanften Stimme und fuhr sich mit den langen, lackierten Fingern durch die Pottfrisur. „Darf ich reinkommen, Baby?“
So offensichtlich, wie er mich anmachte, und da mir erst jetzt auffiel, dass sein schmales, pockennarbiges Gesicht von fast zwei Metern Höhe auf mich herabschielte, hätte ich ihm am Liebsten die Tür vor der Nase zugeknallt. Stattdessen fragte ich mit möglichst kräftiger Stimme: „Wieso sollte ich dich reinlassen? Was willst du überhaupt?“
Seine geschminkten Glubschaugen weiteten sich verwundert. „Na, einkaufen, was sonst? Weißt du etwa nicht, dass heute Flohmarkt ist, Baby?“
„Oh... Flohmarkt... ja... klar...“ Und zum zweiten Mal an diesem Tag kam mir ein Geistesblitz. Dieser Schwulette konnte ich doch bestimmt die Herzchenmöbel andrehen! „Okey-dokey, dann komm rein, komm rein!“
Bertram musste sich ducken, um durch die Tür zu kommen, und ich bekam dabei seinen abscheulichen süßlichen Atem in die Nase. Anscheinend irgendein aromatisierter Pfeifentabak. Auch das noch! Hauptsache, der fing in unserem Haus nicht zu quarzen an! Der Rauchgeruch ging nämlich nie mehr aus der Tapete raus, das kannte ich schon zur Genüge von meiner Mutter.
„Komm mit, ich zeig dir was, das wird dir sicher gefallen!“, sagte ich und zerrte ihn die Treppe hinauf, während er sich noch in der Küche umsehen wollte. Ich musste die Sache schnell über die Bühne bringen, bevor Katy davon Wind bekam. An der Tür des Herzchenzimmers angelangt, entriss ich meine Hand sofort wieder angeekelt den gelblichen Krallen Bertrams und öffnete die Tür.
„Ooooooh...“, hauchte er. Wie angewurzelt stand er im Türrahmen. Uns lief die Zeit davon! Schnell gab ich ihm einen Stoß, und er stolperte benommen hinein, wobei er sich den hässlichen Kopf am Türrahmen stieß. „Das ist wunderschön!“, sagte er und ließ die Finger über den Bezug des Herzchenbettes gleiten. Mir fiel auf, dass er nicht nur lackierte Fingernägel, sondern auch ein paar bunte Klunker an den Fingern hatte. „Ich würde dir am Liebsten den ganzen Raum abkaufen, Baby, aber... Ich vermute, dafür habe ich nicht genug Geld...“
„So? Wie viel hast du denn?“
„Insgesamt wohl... etwa um die 10.000 Sternis...“ Er zog ein weißes Lederportmonnaie aus der Tasche und zählte die sternförmigen Münzen. „9.980 Sternis, um genau zu sein.“
„Oh, null Problemo! Nimm einfach alles mit, das passt schon, ich kann dir beim Wegräumen helfen.“, schlug ich vor und schnappte ihm das Geld förmlich aus der Hand. Bertram freute sich wie ein Schneekönig. „Vielen Dank, Baby! Dafür werde ich mich nochmal revanchieren, keine Sorge! Ich hole schnell mein Auto, dann können wir Alles verladen.“
„Ja.“, sagte ich und fügte hinzu: „Aber beeil dich!“ Ich war ganz kribbelig. Hoffentlich klappte es auch! Hoffentlich kam mir Katy nicht auf die Spur! Es war ein komisches Gefühl, sie in gewisser Weise als Bedrohung zu sehen, wo ich doch gleichzeitig verliebt in sie war. Aber die Abschaffung des Herzchenzimmers konnte unserer Beziehung schließlich nur gut tun, oder?
Ich machte mich daran, die Herzchentapete und den -teppich abzulösen. Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke: Würde Katy womöglich Schluss mit mir machen, wenn sie erfuhr, was ich ihr verschwieg? Machte ich es noch schlimmer, indem ich den Raum heimlich entrümpelte, ohne ihr etwas von meiner damaligen Beziehung zu erzählen? Was, wenn sie nun von Lucy die Wahrheit erfuhr? Oder noch schlimmer – die Liebesbriefe fand? Die Liebesbriefe! Wo sollte ich die denn entsorgen? Im Mülleimer konnte Katy sie entdecken. Einen Papierschredder hatten wir nicht. Ein Versteck hatte ich auch nicht. Wenn ich sie ins Meer warf, konnten sie wieder angespült werden. Wohin also damit?
„Okay, Baby, ich bin bereit.“, sagte eine schwule Stimme hinter mir. Mir lief eine Gänsehaut den Rücken runter. Musste sich der Typ immer so anschleichen?
„Gut, dann lass uns loslegen.“, erwiderte ich. Ich half ihm, das ganze Zeug in den Anhänger seines ekelhaft goldenen Autos zu tragen, während ich mir immernoch Gedanken um die Liebesbriefe machte. Bertram schien mir auf den Arsch zu gucken, aber ich beachtete ihn gar nicht erst. Immer wieder dieselbe Frage: Wohin mit den Fotos und Briefen?
„Nanu, was ist das denn, Baby? Kann ich das auch mitnehmen?“, riss mich Bertram aus meinen Gedanken. Ich schaute auf und sah, dass er den Plastiksack mit den Fotos und Briefen in der Hand hielt und neugierig hineinlugte. „Nein.“, sagte ich sofort und riss es ihm aus der Hand. „Aber wenn du einen Ort kennst, wo ich's entsorgen kann, sag Bescheid, okay?!“
„Ach so, du willst es loswerden!“, sagte Bertram und seine Augen weiteten sich überrascht. „Warum hast du das nicht gleich gesagt, Baby? Dann gib es mir doch einfach, ich kann es für dich irgendwo... vergraben oder so.“
Vergraben! Das war die Idee! Wenn es jemand für mich verbuddelte, sodass ich selbst nicht wusste, wo es lag, konnte ich auch nicht in Versuchung kommen! Genial!Aber garantiert nicht von Bertram. Der konnte noch so scheinheilig mit den Wimpern klimpern, ich durchschaute ihn natürlich sofort. Und dass er meine armen Fotos missbrauchte (was ich stark annahm), das musste ich ihnen nun wirklich nicht antun. „Nee, lass mal stecken, Alter. Hilf mir lieber mit dem Bett.“, sagte ich. Bertrams Blick huschte enttäuscht zum Müllsack in meinem Griff, doch dann schien er sich aufzuraffen und packte die mir gegenüberliegende Seite des Doppelbettes.
Endlich, als mir von der Schlepperei schon jeder einzelne Knochen wehtat und die Sonne so hoch am Himmel stand, dass ich mir am Liebsten auf der Stelle mein verschwitztes T-Shirt ausgezogen hätte, wäre Bertram nicht gewesen, hatten wir Alles in seinem Anhänger verstaut. Er winkte mir beim Davonfahren nochmal zu und ich wedelte als Antwort auch kurz mit den Händen, womit ich ihn allerdings eher wie ein lästiges Insekt verscheuchen wollte. Von Weitem sah ich schon wie gerufen Katy näherkommen, nicht zu übersehen an ihren nun knallroten Haaren; anscheinend war sie beim Friseur gewesen. Gerade hatte ich mich in Bewegung gesetzt, um ihr entgegen zu kommen, als mir siedend heiß einfiel, dass das Frühstücksgeschirr immernoch auf dem Tisch stand – obwohl Katy doch glaubte, ich hätte es abgeräumt!
Schnell wuselte ich hinein und stopfte alles in irgendwelche Schränke. Kaum war ich fertig, kam auch schon Katy herein. „Manfredo, wir müssen reden.“
Ihr schneidender Tonfall verwirrte mich und das gewinnende Lächeln, das ich eine Sekunde zuvor aufgesetzt hatte, geriet etwas schief. „Reden? Wie meinst du das?“
Immernoch im Türrahmen stehend, stemmte Katy die Hände in die Hüften. „Du weißt, was ich meine.“, sagte sie. Ihre giftgrünen Augen fixierten mich mit ungewohnter Schärfe. Aber ich hatte wirklich keinen blassen Schimmer, wovon sie sprach. Sie konnte doch nicht so schnell mitbekommen haben... oder doch? Aber das war doch nicht möglich! „Ich hab wirklich kein Plan!“, beteuerte ich und versuchte erneut, zu lächeln. Katy lächelte jedoch nicht. Ihr Gesicht war starr und abweisend, wie ich es noch nie gesehen hatte. „Dann komm mal mit.“ Ohne mich noch einmal anzuschauen, drehte sie sich um und stolzierte mit langen Schritten aus der Eingangstür. Ich runzelte die Stirn und rannte ihr schnell nach, während ich immernoch überlegte, was ich falsch gemacht hatte.
Wir sprachen kein Wort, während ich Katy durch den einsetzenden Nieselregen folgte und mir das Hirn zermarterte. So wie Katy dreinschaute, konnte ihre miesepetrige Laune nur mit Vanessa zusammenhängen, kombinierte ich. Woher aber sollte sie von ihr erfahren haben?
Wir gingen an einigen Häusern vorbei, in Richtung Rathaus. Hatte etwa Pelly etwas über mich ausgeplaudert? Aber sie konnte sich doch nicht mehr an mich erinnern! Oder doch?
„Hier“, sagte Katy plötzlich und blieb stehen, als ich schon damit gerechnet hatte, wir würden ins Rathaus hinein gehen. Ich wandte mich zu ihr um - und mir blieb fast das Herz stehen. Auf dem Schwarzen Brett direkt vor meiner Nase stand schwarz auf weiß hingekritzelt:

20/06/09
SOS!!!!!!!
Hilfe, was ist passiert???
Die Stadt ist ganz anders als früher, die ganzen Bewohner sind weg, der Nook kennt mich nicht mehr, unsere Hütte ist viel zu klein und wo ist Vanessa??
Süße, ich vermisse dich!!!! <3
-Manfredo


Meine Suchanzeige! Verdammt!
„Und?“, hörte ich Katys Stimme direkt hinter mir. Ich spürte ihren Blick so bohrend in meinem Rücken, dass mir abwechselnd heiß und kalt wurde. Ich musste Zeit gewinnen. „Was meinst du mit Und ?“, fragte ich scheinheilig zurück. In der Hoffnung auf einen Geistesblitz oder ein Wunder drehte mich zu ihr um, merkte jedoch sofort, dass das ein Fehler war, da meine Ohren rot anliefen und mich noch mehr verrieten. Ich wich ihrem Blick aus, was, wie ich zu spät bemerkte, auch ein Fehler war.
„Na, wer ist Vanessa?“
Scheiße! Scheiße! Scheiße! Mein Gehirn arbeitete wie eine Dampfmaschine, während ich immernoch den Baum hinter Katy anstarrte. Und da kam endlich der Geistesblitz. „Was denkst du denn? Meine Schwester natürlich.“, log ich und zwang mich, ihr ins Gesicht zu schauen, auch, wenn meine Ohren nun so stark glühten, dass sie mir wahrscheinlich schon die Haare versengten.
„Oh.“ Alle Entschlossenheit schien plötzlich in Katy zusammen zu fallen. Ich konnte förmlich sehen, wie sich ihre Miene entspannte und ihre Augen wieder wärmer wurden. „Dann... tut mir leid, ich dachte nur... ist ja auch egal. Aber was meinst du mit dem Rest? Die Stadt ist ganz anders als früher – was soll das heißen?“
„Ach so! Jaa...“ Endlich brachte ich wieder mein normales und hoffentlich charmantes Grinsen zustande, während der Nieselregen allmählich wieder meine Ohren abkühlte. „Das hab ich dir ja noch gar nicht erzählt! Mamma mia. Okay, lass uns einfach mal ins Museum gehen, da gibt’s heute auch Live-Musik, dann erklär ich dir Alles.“

„Hammer.“, sagte Katy zum zehnten Mal und schüttelte ungläubig den Kopf. „Ham – mer!“, wiederholte sie etwas lauter. Olga, Richi und Mia, die an einem Tisch neben uns standen und wohl – wie ich inzwischen auch – ungestört K.K. lauschen wollten, der gerade ein coolen Metal-Song brachte, drehten sich wütend zu ihr um. „Pfffffft!“, machte Richi. Ohne ihn zu beachten, fuhr Katy eifrig fort: „Ich frag mich echt, wie das passieren konnte! Ich meine, kein normaler Mensch, der bei einem Erdbeben abkratzt, würde später wieder auferstehen. Noch dazu in seiner Vergangenheit! Ohne dass irgendjemand was merkt! Und die Stadt - das geht doch überhaupt nicht! Die kann sich doch nicht von heute auf morgen... verwandelt haben oder so. Es MUSS mehr dahinter stecken!“
„Hmm.“, brummte ich zustimmend in der kurzen Atempause, die sie sich gönnte, um an ihrem Milchcafé zu nippen. Seit ich mit dem Erzählen aufgehört und Katy mich davon abgelöst hatte, hatte ich mich damit begnügt, „Jaa“ oder „Hmmm“ oder „Genau“ zu murmeln, ohne genau zu wissen, wobei ich da eigentlich gerade zustimmte. Ich nuckelte an meiner Kaffeetasse und konzentrierte mich weiterhin auf K.K.'s Refrain, während Katy mir gegenüber den Faden wieder aufnahm und wie ein Wasserfall weitersprudelte, wobei sie jedoch nur alles noch mindestens dreimal wiederholte, was sie bisher gesagt hatte. Von daher war es ja auch nicht besonders wichtig, ihr jetzt zuzuhören. Und sie würde es mit Sicherheit nicht schlimm finden. Schließlich hatte ich mal gelesen, dass Mädels einen manchmal nicht vollblubberten, weil sie Hilfe brauchten, sondern weil sie einfach mal Alles, was ihnen gerade durch den Kopf geht, aussprechen wollen, um die Gedanken zu ordnen oder damit ihnen der Kopf nicht platzt oder so. Da ist es im Prinzip egal, ob sie mit einem anderen Menschen oder mit einem Kartoffelschäler reden.
Als K.K. fertig gerockt hatte, schien Katy sich langsam beruhigt zu haben, auch, wenn sie immernoch ab und zu „Hammer.“, murmelte. Wir holten uns beide den Song K.K.Metal zum Abspielen, wobei K.K. meinte: „Na, Manfredo? Na, Katy? Heiße Nacht heute, was?“
„Jaa...“, murmelte ich mechanisch. Erst am Ausgang erwachte ich plötzlich aus meiner Trance – woher kannte denn K.K. Katys Namen?
Ich wollte schon zurückgehen und ihn fragen, doch Kofie schob uns alle aus dem Café in die Eingangshalle des Museums. „Sooo, Kinder. Schluss für heute.“
„Aber ich muss noch K.K. sprechen!“
„K.K. nennst du ihn?“, fragte Katy leicht belustigt. „Du kennst also gar nicht seinen richtigen Namen?“
Überrascht drehte ich mich zu ihr. „Nein, wieso, kennst du ihn etwa?“
Sie grinste. „Klar, er ist schließlich mein Cousin!“
„Dein... wow. Cool! Na, so einen Cousin hätte ich auch gerne!“
„Nee, gegen deinen Verehrer tausche ich aber nicht!“
„Würde ich an deiner Stelle auch lieber nicht. - Oh verdammt, es regnet immernoch!“, rief ich und blieb schnell im Ausgang des Museums stehen. Und wie es regnete! In Strömen!
Mist. Und ich hatte keine Jacke dabei. Natürlich nicht für mich! Aber ich musste doch Katy eine leihen!
Zu meiner Verblüffung schien Katy jedoch gar keine zu brauchen. „Aach, das bisschen Wasser! Du bist doch nicht aus Zucker! Oder hast du etwa Angst, dass deine Bürzelfrisur flöten geht?“, rief sie und lief in den Regen.
„Aber Katy, deine Haare! Denk doch mal an deine!“, entfuhr es mir entsetzt. Wie ein altes Muttchen schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen. Schnell tat ich so, als müsste ich nur meine Frisur richten. „Du warst doch gerade heute beim Frisör!“
Zur Antwort packte Katy mich am Arm und zerrte mich in den strömenden Regen. Sie zog mich an sich...
...und verwuschelte mir die Haare!
„Neiiin! Aufhören! Aufhören! Mein Bürzel!“, jaulte ich. Zappelnd versuchte ich, mich von ihr loszureißen. „Bist du verrückt geworden?!“, rief ich empört, obwohl ich wusste, dass diese Frage sich erübrigte; Katy war schon immer verrückt gewesen. „Schau mich nur an! Jetzt sehe ich bestimmt hässlich aus!“, jammerte ich.
„Och, nicht schlimmer als sonst auch!“, erwiderte Katy frech. Im nächsten Moment musste sie schnell einen Satz nach hinten machen und Reißaus nehmen, um mir zu entwischen. Ich nahm die Verfolgung auf, patschte durch Pfützen und Schlamm und war schon nach wenigen Sekunden komplett durchweicht. Doch es war echt cool. Spätestens jetzt wurde mir klar, was zwischen Vanessa und mir gefehlt hatte; dass Katy die eindeutig bessere Wahl war, wahrscheinlich die Liebe meines Lebens; und dass Vanessa vor allem eines gewesen war: sterbenslangweilig!
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BeitragThema: Re: Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel EmptyDo Mai 19, 2011 11:10 pm

...und Vanessa würd am Ende doch noch siegen *muhahahah*...oder?
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BeitragThema: Re: Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 26. Kapitel EmptyFr Mai 20, 2011 10:48 am

vielleicht... wer weiß... Wink
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