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 Der letzte Herbst

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Faules_Kätzchen
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BeitragThema: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptyFr Feb 01, 2013 12:08 am

Ich brauche eure Hilfe, und zwar: Ich muss diesen Text unbedingt verkürzen. Er ist jetzt etwa 15000 Zeichen lang, darf aber höchstens 9000 Zeichen lang sein. Ich will ihn nämlich als Beitrag für so einen Schreibwettbewerb einsenden (Einsendeschluss: 10.02.), und da dürfen die Text nicht länger sein. Und wie ihr wisst, kann ich mich ja nie kurz fassen. Sad
Also bitte, bitte helft mir, diesen Text zu verkürzen!!!
Oh, und für andere Kritik jeder Art wäre ich natürlich auch sehr, sehr dankbar!! Smile


Der letzte Herbst
(Thema: Grenzenlos frei)

„Scheiße!“, schnaufe ich und lasse mich ziemlich würdelos einfach auf den Hintern fallen, um mir zum abertausendsten Mal meinen linken Schuh vom Fuß zu rupfen. „Schon wieder 'n Stein im Schuh!“

Emily bleibt gnädigerweise stehen und schaut sich lachend nach mir um. Meine beste Freundin lacht mich aus! Ich fass es nicht! „Komm schon, Olga, so oft kann da doch gar kein Steinchen reinkommen. Ich weiß ja, dass du Wanderungen nicht magst, aber wenn du dich so anstellst, dauert es doppelt so lange, bis wir oben sind.“

„Ich stelle mich nicht an!“, knurre ich, „Und wer sagt, dass ich überhaupt nach oben will? Erst recht zu Fuß!“ Widerwillig schlüpfe ich zurück in das klobige, schwere, staubige Ding, das den Namen Schuh nicht verdient hat – aber Emily meinte, ich müsste so etwas unbedingt auf unserer Wandertour anziehen – und rappele mich hoch.

Dann folge ich Emily weiter diesen beschissenen Bergpfad hinauf. Sie schwebt mühelos über Stock und Stein, scheinbar völlig resistent gegen den Staub, die brennende Herbstsonne und die Tatsache, dass wir jetzt schon geschlagene zwei Stunden steil bergauf wandern, während ich mit puterrotem Kopf und schweißdurchtränkter Kleidung neben ihr her schnaufe wie eine kaputte Dampflok.

Ich frage mich mal wieder, wie sie es bloß immer schafft, mich zu so einem selbstmörderischen Blödsinn zu überreden. Ausgerechnet mich, die ich doch schon bei der Erwähnung von frischer Luft, Sonnenschein und sportlicher Betätigung allergische Anfälle bekomme! Doch Emily sieht gerade so glücklich aus, dass mein Bedürfnis, weiter herumzumeckern, schnell schwindet. Das Meckern kann ich ja heute Abend nachholen, wenn ich meine Blasen zähle. Oh ja, das werde ich!

Im Moment halte ich aber ausnahmsweise mal die Klappe, Emily zuliebe. Sie scheint ganz in ihrem Element zu sein. Verträumt lässt sie ihren Blick über die ekelhaft grüne, lebendige Umgebung schweifen, die nach Gras und Alpenkräutern stinkt. Biologisches Chaos, wo hinter jedem Grashalm ein ekelhaftes Krabbelvieh lauert. Ich kann echt nicht nachvollziehen, was Emily daran so toll findet, aber wenn es sie glücklich macht... Emily ist wohl einfach so Eine, die voll auf Natur steht. Ich kann sie mir bildlich vorstellen, wie sie auf einer Almwiese liegt, barfuß und mit einem Grashalm im Mund. Die neue Heidi.

„Da!“, ruft erwähnte Heidi auf einmal aufgeregt und bleibt so urplötzlich stehen, dass ich fast in sie hineinrenne. Stattdessen stolpere ich über die Schnürsenkel von diesen beknackten Wanderschuhen und wäre um ein Haar den Berg runter gefallen. Schade eigentlich, denke ich im Nachhinein, dann wäre dieser quälende Aufstieg zumindest vorbei. Wobei ich Emily auch zutrauen würde, mich am Fuße des Berges wiederzubeleben und zu zwingen, nochmal den ganzen Berg hochzulaufen. Nee, dann ist es wohl doch besser, wenn ich einen potentiellen Selbstmordversuch auf später verschiebe.

„Was?“, maule ich. Emily packt mich am Arm und zeigt mit der anderen Hand nach oben. „Da! Da oben! Ein Falke!“, freut sie sich, als wären Ostern und Weihnachten auf einen Tag gefallen.

„Aha?“, sage ich nicht gerade begeistert und frage mich, was sie an so einem hässlichen Federvieh, was höchstwahrscheinlich auch noch aus dem Schnabel mieft, so fantastisch findet.

„Wäre es nicht toll, auch so frei zu sein?“, schwärmt Emily, ohne ihren versonnenen Blick von jenem Federvieh loszureißen. Ich hebe nur skeptisch eine Augenbraue und sage lieber nichts. Ich stelle mir vor, wie ironisch es wäre, wenn der Falke gerade eine zappelnde kleine Maus im Schnabel hat, die verzweifelt um Hilfe schreit, und meine Freundin hier starrt verzückt zu ihnen nach oben und träumt ausgerechnet von Freiheit. Ich würde Emily am liebsten sagen, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint, aber dann müsste ich ihr ja erst mein mentales Bild von der jammernden Maus erklären, und das ist mir dann doch zu albern.

Ich traue meinen Augen kaum, als Emily tatsächlich ein Handy zückt und damit schnell den Vogel fotografiert, bevor er hinter einem anderen zerklüfteten Berg verschwindet. Das schwarze Smartphone blitzt und glänzt beneidenswert in der Sonne, es sieht ziemlich neu aus. Ausgerechnet Emily hat sich ein Smartphone gekauft? Ausgerechnet sie? Dabei gehört meine gute Emily doch eigentlich zu dieser Sorte von Leuten, die jeden Tag Yoga machen und Bio-Tofu essen und Fair-Trade-Birkenstocksandalen tragen und noch nicht mal einen E-Mail-Adresse haben, geschweige denn ein Handy!

„Seit wann hast du das denn?“, frage ich dementsprechend entgeistert, als sie ihr Handy wieder einsteckt. „Hast du keine Angst mehr, dass du von der bösen, bösen Handystrahlung Krebs bekommst und abnippelst?“

Emily schaut mich für einen Moment ganz komisch an, ich meine so richtig komisch, mit so einem Gesichtsausdruck, den ich überhaupt nicht zuordnen kann und mit dem sie fast wie ein anderer Mensch aussieht, weil sie sonst nie so dreinschaut. Doch dann wird sie schnell wieder normal und lacht, weil ich sie bestimmt anstarre wie ein Mondkalb.

„Du solltest dein Gesicht gerade sehen!“, kichert sie und stupst mich spielerisch an der Schulter an. „Ja, stell dir vor, ich hab mir nach fast zwanzig handylosen Jahren auch endlich mal ein Handy gekauft. Sterben tut man doch sowieso irgendwann, oder?“ Sie zuckt beiläufig mit den Schultern. „Außerdem hatte ich so viele Ersparnisse auf dem Konto und dachte, ich gönn mir einfach mal was.“

Ich bin fassungslos. Emily gönnt sich nie etwas! Nie! Sie ist so eine strenge Enthaltsamkeits-Nonne, die aller Welt ständig predigt, wie wichtig es ist, zu sparen. Außerdem dachte ich, dass sie zurzeit auf ein Auto spart! „Em, bist du krank oder hast du einen Sonnenstich?“, frage ich.

Doch sie lacht nur und zieht mich am Arm weiter den Berg hinauf, der während unserer kleinen Pause ganz bestimmt noch steiler geworden ist. „Komm schon, wir sollten weiter.“, versprüht sie gute Laune. „Wir sind bestimmt bald oben, versprochen, ich seh schon den Gipfel!“

„Hmpf.“, mache ich nur, während ich tapfer versuche, mit meiner sportlichen Freundin Schritt zu halten, die immer noch genauso viel Energie zu haben scheint wie bei Beginn unserer Tortur, äh, Tour meine ich natürlich. Neben ihr fühle ich mich wie eine schlappe, weichgekochte Nudel. Der Berg macht einen noch steileren Buckel und ich könnte schwören, ihn hämisch lachen zu hören.

****

Doch eine schweißtreibende, kraftzehrende halbe Stunde später sind wir tatsächlich endlich, endlich oben angekommen. Ich kollabiere sofort mit einem erleichterten Seufzen auf eine marode Holzbank, die hier in der Sonne vor sich hin brutzelt und nach Moos und Pilzen stinkt. Selbst Emily ist inzwischen wohl erschöpft genug, um sich neben mich sinken zu lassen und ein paar Schlucke aus ihrer Wasserflasche zu nehmen. Auch ich stürze den Rest aus meiner Trinkflasche hinunter, bevor ich den Rucksack neben mir auf die Bank fallen lasse und mich um meine armen Füße kümmere, bevor die auch noch Moos und Pilze ansetzen. Stöhnend und fluchend befreie ich meine platt getretenen Käsefüße, die in diesen dummen Wanderschuhen bestimmt schon längst erstickt sind, zumindest erscheinen sie mir vom Geruch her ziemlich tot.

„Eigentlich müssten Wanderschuhe doch wenigstens eine gute Lüftung haben!“, schimpfe ich, „Warum haben die das eigentlich nicht?“ Anschuldigend schaue ich zu meiner langjährigen Schulfreundin hinüber, die angesichts meiner Schimpftiraden aber nur nachsichtig lächelt. Sie hat die Augen geschlossen und das Gesicht der Sonne zugewandt und sieht so dämlich glücklich aus, dass ein großer Teil meines Missmuts verraucht.

Grummelnd ziehe ich eine ziemlich zerknautschte Packung Zigaretten aus der Vortasche meines Rucksacks. Irgendwas an mir muss immer am Rauchen sein, und wenn mein Kopf schon damit aufhört, dann brauche ich wenigstens eine Zigarette. Die habe ich mir nach diesem mörderischen Aufstieg mehr als verdient! Nicht, dass ich mir noch meine geliebte Raucherlunge wegtrainiere!

„Jetzt erstmal eine schöne Zigarette!“, verkünde ich, krame mein Feuerzeug heraus und grinse zu Emily hinüber, die natürlich eine 200%ig überzeugte Nichtraucherin ist. Sie reagiert nicht. Scheint mich wohl nicht gehört zu haben, also fahre ich fort: „Irgendwie muss man doch gegen diese widerliche Bergluft ankämpfen!“ und stecke mir die Zigarette zwischen die Lippen.

Keine Reaktion. Irritiert verharrt meine Hand mit dem Feuerzeug vor der Zigarette. Ich schiele zu meiner Freundin hinüber. Sie hat die Augen einen Spalt breit geöffnet und beobachtet mich belustigt. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Normalerweise reißt sie mir immer jede einzelne Zigarette aus der Hand und trampelt darauf herum und hält mir einen hitzigen Vortrag über Lungenkrebs und dass man daran sterben kann, oder sie sucht zumindest schnell das Weite, um dem Rauch zu entkommen. Doch nichts dergleichen passiert.

Wie in Zeitlupe zünde ich mir die Zigarette an, ohne dabei meinen lauernden Blick von Emily abzuwenden. Jeden Moment rechne ich damit, dass sie aufspringt und... irgendetwas unternimmt. Doch sie bewegt keinen Muskel. Mannomann, die ist heute echt komisch. Fast schon unheimlich, das Ganze. Fehlt ja nur noch, dass sie mich fragt, ob sie auch einen Zug nehmen darf!

„Darf ich auch mal einen Zug probieren?“, fragt sie da tatsächlich und streckt schon eine Hand danach aus. Ich verschlucke vor Schreck fast meinen Glimmstängel und huste dumm herum, um meiner Raucherlunge alle Ehre zu machen. Doch selbst das scheint Emily nicht abzuschrecken.

„Von mir aus.“ Ich überlasse ihr verwundert die Zigarette. „Kannst sie auch zuende rauchen. Ich sollte sowieso aufhören, zu rauchen.“ Habe ich das gerade wirklich gesagt? Wahrscheinlich habe ich mir bereits einen Sonnenstich eingefangen. Aber irgendwie macht es einfach keinen Spaß mehr, zu rauchen, wenn Emily sich nicht darüber aufregt. Klingt verrückt, aber ich merke in diesem Moment, dass es stimmt.

Sie nimmt einen ersten Zug und hustet fürchterlich, nimmt aber sofort einen zweiten. Ich runzle verwirrt die Stirn. Doch dann verzieht die das Gesicht, nimmt die Zigarette wieder aus dem Mund und schaut sie angeekelt an. „Bah.“, sagt sie und ist wieder ganz die Alte. Ich bin echt erleichtert, als sie die Zigarette fallen lässt und mit einem Fuß die Glut austritt. Dann hebt sie das zerknautschte Ding natürlich pflichtbewusst wieder auf, erhebt sich und wirft es in den modrigen Mülleimer, der nicht weit von der Bank entfernt vor sich hingammelt.

Emily setzt sich nicht wieder neben mich, sondern tritt ganz nah an die Abbruchkante der Bergspitze, dort, wo eine kühle Brise mit ihren dunkelblonden Locken spielt, und schaut hinunter auf die rot-goldene, herbstliche Berg-und-Tal-Landschaft. „Diese Droge ist mir viel lieber.“, meint sie und breitet versonnen die Arme aus. „FREIHEEEEEEEEIT!“, jodelt sie dann unvermittelt so laut, dass von überall ein Echo widerhallt. Wow, ich dachte immer, sowas ist nur ein Soundeffekt in Filmen, aber das funktioniert ja wirklich!

„Was hast du heute bloß mit deiner Freiheit?“, will ich unbeeindruckt wissen.
Emily dreht sich zu mir um. Sie strahlt wie ein Honigkuchenpferd, aber da ist auch eine ungewohnte Traurigkeit in ihrem Blick, die mich erschreckt. „Wenn du's wirklich wissen willst: Ich hab einen Tumor im Gehirn, der mich wohl bald umbringen wird.“, sagt sie dann so beiläufig, als wäre es nichts weiter als eine überflüssige Statusmeldung auf Facebook.

Mein Herz setzt einen Schlag aus, als fände es, dass Sterben eine gute Idee sei. „Wa- wa- wa- waaaas?!“, stottere ich dann wie blöde.

„Ja.“ Ich fasse es nicht, aber sie lächelt. Wie so eine psychisch Gestörte in einem Horrorfilm. Ich frage mich, wie sehr der Tumor ihr Hirn schon angegriffen hat, wenn sie darüber sogar lächeln kann! „Ungefähr so groß.“, sagt sie und hebt einen Stein auf. Er ist größer als ihre Faust. Ich stelle mir vor, wie es sich anfühlen muss, so ein Ding im Schädel sitzen zu haben, wo es das ganze Gehirn wegquetscht. Ich schaudere. „Und da kann man nichts machen?“, frage ich verzweifelt.

Mit einem Seufzen lässt Emily den Stein fallen. „Nein.“, sagt sie mit fester Stimme. „Nichts zu machen.“

Meine Gedanken fahren Karussell. Ein Tumor also. Aber warum sie? Warum ausgerechnet sie?! Sie hat das nicht verdient! Ich hätte es viel eher verdient! Ich rauche und trinke und bin die meiste Zeit von Handy, Laptop und anderen strahlenden Elektrogeräten umgeben, aber Emily lebt doch viel gesünder und ist sportlicher und viel lebendiger als ich! Ich kann nicht glauben dass sie, ausgerechnet sie, dem Tod angeblich näher sein soll als ich.

Sie scheint zu merken, dass für mich gerade eine Welt zusammenbricht, denn sie setzt sich behutsam wieder neben mit und tätschelt mir tröstend die Schulter. „Die Ärzte sagen, ich hab nicht mehr lange zu leben.“, sagt sie entschuldigend, als müsste sie sich auch noch dafür rechtfertigen, todkrank zu sein. „Ich wollte es dir schon früher sagen, aber... na ja. Auf jeden Fall wollte ich nochmal etwas Schönes mit dir unternehmen, bevor ich es nicht mehr kann. Auch, um mich von dir zu verabschieden.“

Ich versuche, den dicken Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, und nicke. Doch meine Gedanken rasen, während ich versuche, mich damit abzufinden, dass meine beste Freundin bald nicht mehr da sein wird. Ich komme nicht umhin, sie für ihre Stärke zu bewundern, für die Art, wie sie ihren bevorstehenden Tod einfach akzeptiert. Verdammt, sie ist doch noch viel zu jung, um zu sterben! „Und... was hat das mit Freiheit zu tun?“, würge ich hervor, um irgendwie das Schweigen zu brechen, bevor ich noch zu heulen anfange.

Emily grinst. „Na ja, jetzt, wo ich nichts mehr zu verlieren habe, kann ich doch all meine guten Vorsätze in die Tonne treten. Ich kann im Prinzip machen, was ich will. Ich kann alles ausprobieren, was ich mir sonst nie erlaubt habe, weil ich ja sowieso bald sterbe.“ Sie strahlt mich an und ihre Augen leuchten wie flüssiger Honig. „Ich hab mich einfach noch nie so frei gefühlt, weißt du?“

Ich starre sie sprachlos an. Verdammt, ich weiß nicht, was ich sagen soll, oder was ich fühlen soll. Soll ich mich jetzt etwa für sie freuen? Für ihre Freiheit? Aber eigentlich finde ich es einfach nur traurig, dass sie so ein Todesurteil braucht, nur um endlich mal zu spüren, was Freiheit ist. Doch bevor ich mich entscheiden kann, was ich ihr sagen will, küsst sie mich plötzlich. Auf den Mund! Das bringt mich natürlich wieder vollkommen aus dem Konzept. Um Himmels Willen, wie oft will die mich heute eigentlich noch zu Tode erschrecken?! Will die mich gleich mit in den Tod reißen?!

Ich habe jedenfalls das Gefühl, in Ohmacht zu fallen. Vollkommen perplex starre ich sie an. „Gibt es noch etwas, was du mir beichten willst?“, krächze ich. Emily prustet lauthals los. „Nein, keine Sorge!“, lacht sie, „Tut mir leid. Ich wollte einfach nochmal irgendwen küssen, bevor ich dem Leben adieu sage, und du warst gerade griffbereit. Also... hab ich mir die Freiheit einfach genommen.“ Sie zwinkert mir vergnügt zu.

Ich fass es nicht. Sie lacht mich doch tatsächlich aus! Schon wieder! „Scheiße.“, sage ich tonlos.

****

Bitte kommentieren, kritisieren, korrigieren und vor allem beim Kürzen helfen! Danke! Smile


Zuletzt von Faules_Kätzchen am Fr März 01, 2013 11:04 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptySo Feb 03, 2013 7:52 pm

Also an sich ist es schön geschrieben.
Verkürzen hm... ich mag's ja wenn es mehr umschrieben ist, aber vielleicht musst du in diesem Fall ein paar Umschreibungen kürzen. Vielleicht drei umschreibende Begriffe zu einem zusammen fassen.
Oder was ich mir auch vorstellen könnte, dass du etwas mehr den "Allwissenden Autor" spielst. Also bei Sätzen wie "Sie scheint ganz in ihrem Element zu sein." einfach zu schreiben "Sie war in ihrem Element." Ein paar stärkere Fakten, glaube ich tun der Geschichte noch mehr gut und du kannst es dann manchmal auch verkürzen. Wink

Schreib auf jeden Fall, wie der Wettbewerb ausgegangen ist. Wünsche dir viel Erfolg! Very Happy
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BeitragThema: Re: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptySo Feb 03, 2013 8:05 pm

Danke für deine Tipps! Die werde ich auf jeden Fall mal ausprobieren. Smile
Also falls ich gewinne, würde ich es gar nicht aushalten, das geheim zu halten Very Happy Allerdings stehen meine Chance schlecht, da es immer mehrere tausend (!) Teilnehmer gibt. Ich nehme deshalb eigentlich nur aus Prinzip teil Very Happy

So, ich hab jetzt einiges verkürzt und das hier ist meine Endversion, mit nur 8891 Zeichen:


Der letzte Herbst

„Scheiße!“, schnaufe ich und lasse mich ziemlich würdelos einfach auf den Hintern fallen, um mir zum abertausendsten Mal meinen linken Schuh vom Fuß zu rupfen. „Schon wieder 'n Stein im Schuh!“

Emily bleibt gnädigerweise stehen und schaut sich lachend nach mir um. Meine beste Freundin lacht mich aus! Ich fass es nicht! „Komm schon, Olga, so oft kann da doch gar kein Steinchen reinkommen. Ich weiß ja, dass du Wanderungen nicht magst, aber wenn du dich so anstellst, dauert es doppelt so lange, bis wir oben sind.“

„Ich stelle mich nicht an!“, knurre ich, „Und wer sagt, dass ich überhaupt nach oben will? Erst recht zu Fuß!“ Widerwillig schlüpfe ich zurück in das klobige Ding, das den Namen Schuh nicht verdient hat und rappele mich hoch.

Dann folge ich Emily weiter diesen beschissenen Bergpfad hinauf. Sie schwebt mühelos über Stock und Stein, völlig resistent gegen den Staub, die brennende Herbstsonne und die Tatsache, dass wir jetzt schon geschlagene zwei Stunden steil bergauf wandern, während ich mit puterrotem Kopf und schweißdurchtränkter Kleidung neben ihr her schnaufe wie eine kaputte Dampflok.

Ich frage mich, wie sie es bloß immer schafft, mich zu so einem selbstmörderischen Blödsinn zu überreden. Ausgerechnet mich, die ich doch schon bei der Erwähnung von frischer Luft und sportlicher Betätigung allergische Anfälle bekomme! Doch Emily sieht gerade so glücklich aus, dass mein Bedürfnis, weiter herumzumeckern, schnell schwindet. Das Meckern kann ich ja heute Abend nachholen, wenn ich meine Blasen zähle. Oh ja, das werde ich!

Emily hingegen ist ganz in ihrem Element. Verträumt lässt sie ihren Blick über die abartig grüne, lebendige Umgebung schweifen, die nach Gras und Alpenkräutern stinkt und wo hinter jedem Grashalm ein ekelhaftes Krabbelvieh lauert. Ich kann echt nicht nachvollziehen, was Emily daran so toll findet, aber wenn es sie glücklich macht...

„Da!“, ruft sie auf einmal aufgeregt und bleibt so urplötzlich stehen, dass ich fast in sie hineinrenne. Stattdessen stolpere ich über die Schnürsenkel von diesen beknackten Wanderschuhen und wäre um ein Haar den Berg runter gefallen.

„Was?“, maule ich. Emily packt mich am Arm und zeigt mit der anderen Hand nach oben. „Da! Da oben! Ein Falke!“, freut sie sich, als wären Ostern und Weihnachten auf einen Tag gefallen.

„Aha?“, sage ich nicht gerade begeistert und frage mich, was sie an so einem hässlichen Federvieh, was höchstwahrscheinlich auch noch aus dem Schnabel mieft, so fantastisch findet.

„Wäre es nicht toll, auch so frei zu sein?“, schwärmt Emily, ohne ihren versonnenen Blick von jenem Federvieh loszureißen. Ich hebe nur skeptisch eine Augenbraue und sage lieber nichts. Ich stelle mir vor, wie ironisch es wäre, wenn der Falke gerade eine zappelnde kleine Maus im Schnabel hat, die verzweifelt um Hilfe schreit, und meine Freundin hier starrt verzückt zu ihnen nach oben und träumt ausgerechnet von Freiheit. Ich würde Emily am liebsten sagen, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint, aber dann müsste ich ihr ja erst mein mentales Bild von der jammernden Maus erklären, und das ist mir dann doch zu albern.

Ich traue meinen Augen kaum, als Emily tatsächlich ein Handy zückt und damit schnell den Vogel fotografiert, bevor er hinter einem anderen zerklüfteten Berg verschwindet. Ausgerechnet Emily hat sich ein Smartphone gekauft? Dabei gehört sie doch eigentlich zu dieser Sorte von Leuten, die jeden Tag Yoga machen und Bio-Tofu essen und noch nicht mal einen E-Mail-Adresse haben, geschweige denn ein Handy!

„Seit wann hast du das denn?“, frage ich dementsprechend entgeistert, als sie ihr Handy wieder einsteckt. „Hast du keine Angst mehr, dass du von der bösen, bösen Handystrahlung Krebs bekommst und abnippelst?“

Emily schaut mich für einen Moment ganz komisch an, ich meine so richtig komisch, mit so einem Gesichtsausdruck, den ich überhaupt nicht zuordnen kann. Doch dann wird sie schnell wieder normal und lacht, weil ich sie bestimmt anstarre wie ein Mondkalb.

„Du solltest dein Gesicht gerade sehen!“, kichert sie. „Ja, stell dir vor, auch ich hab mir nach fast zwanzig handylosen Jahren endlich mal ein Handy gekauft. Sterben tut man doch sowieso irgendwann, oder?“ Sie zuckt beiläufig mit den Schultern. „Also komm schon, wir sollten weiter.“, versprüht sie gute Laune. „Wir sind bestimmt bald oben, versprochen, ich seh schon den Gipfel!“

Eine schweißtreibende halbe Stunde später sind wir endlich oben angekommen. Ich kollabiere sofort mit einem erleichterten Seufzen auf eine marode Holzbank. Selbst Emily ist inzwischen wohl erschöpft genug, um sich für einen Moment neben mich sinken zu lassen. Ich befreie sofort fluchend meine armen Füße, die in diesen dummen Wanderschuhen bestimmt schon längst erstickt sind. Zumindest erscheinen sie mir vom Geruch her ziemlich tot.

Emily schenkt mir nur ein amüsiertes Lächeln, bevor sie schon wieder aufsteht und ganz nah an die Abbruchkante der Bergspitze heran tritt, dorthin, wo eine Brise mit ihren Locken spielt. Sie schaut hinunter auf die rot-goldene Herbstlandschaft und breitet versonnen die Arme aus. „FREIHEEEEEEEEIT!“, jodelt sie dann unvermittelt so laut, dass von überall ein Echo widerhallt.

„Was hast du heute bloß mit deiner Freiheit?“, will ich unbeeindruckt wissen.
Emily dreht sich zu mir um. Sie strahlt wie ein Honigkuchenpferd, aber da ist auch eine ungewohnte Traurigkeit in ihrem Blick, die mich erschreckt. „Wenn du's wirklich wissen willst: Ich hab einen Tumor im Gehirn, der mich wohl bald umbringen wird.“, sagt sie dann so beiläufig, als wäre es nichts weiter als eine überflüssige Statusmeldung auf Facebook.

Mein Herz setzt einen Schlag aus, als fände es, dass Sterben eine gute Idee sei. „Wa- wa- wa- waaaas?!“, stottere ich dann wie blöde.

„Ja.“ Ich fasse es nicht, aber sie lächelt. Wie so eine psychisch Gestörte in einem Horrorfilm. Ich frage mich, wie sehr der Tumor ihr Hirn schon angegriffen hat. „Ungefähr so groß.“, sagt sie und hebt einen Stein auf. Er ist größer als ihre Faust. Ich stelle mir vor, wie es sich anfühlen muss, so ein Ding im Schädel sitzen zu haben, wo es das ganze Gehirn wegquetscht. Ich schaudere. „Und da kann man nichts machen?“, frage ich verzweifelt.

Mit einem Seufzen lässt Emily den Stein fallen. „Nein.“, sagt sie mit fester Stimme. „Nichts zu machen.“

Meine Gedanken fahren Karussell. Ein Tumor also. Aber warum sie? Warum ausgerechnet sie?! Sie hat das nicht verdient! Ich hätte es viel eher verdient! Ich rauche und trinke und bin die meiste Zeit von Handy, Laptop und anderen strahlenden Elektrogeräten umgeben, aber Emily lebt doch viel gesünder und ist sportlicher und viel lebendiger als ich! Ich kann nicht glauben dass ausgerechnet sie dem Tod angeblich näher sein soll als ich.

Sie scheint zu merken, dass für mich gerade eine Welt zusammenbricht, denn sie setzt sich behutsam wieder neben mit und tätschelt mir tröstend die Schulter. „Die Ärzte sagen, ich hab nicht mehr lange zu leben.“, sagt sie entschuldigend, als müsste sie sich auch noch dafür rechtfertigen. „Ich wollte es dir schon früher sagen, aber... na ja. Auf jeden Fall wollte ich nochmal etwas Schönes mit dir unternehmen, bevor ich es nicht mehr kann. Auch, um mich von dir zu verabschieden.“

Ich versuche, den dicken Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, und nicke. Doch meine Gedanken rasen, während ich versuche, mich damit abzufinden, dass meine beste Freundin bald nicht mehr da sein wird. „Und... was hat das mit Freiheit zu tun?“, würge ich hervor, bevor ich noch zu heulen anfange.

Emily grinst. „Na ja, jetzt, wo ich nichts mehr zu verlieren habe, kann ich doch all meine guten Vorsätze in die Tonne treten. Ich kann alles ausprobieren, was ich mir sonst nie erlaubt habe, weil ich ja sowieso bald sterbe.“ Sie strahlt mich an und ihre Augen leuchten wie flüssiger Honig. „Ich hab mich einfach noch nie so frei gefühlt, weißt du?“

Ich starre sie sprachlos an. Soll ich mich jetzt etwa für sie freuen? Für ihre Freiheit? Aber eigentlich finde ich es einfach nur traurig, dass sie so ein Todesurteil braucht, nur um endlich mal zu spüren, was Freiheit ist. Doch bevor ich irgendetwas sagen kann, küsst sie mich plötzlich. Auf den Mund! Das bringt mich natürlich wieder vollkommen aus dem Konzept.

Vollkommen perplex starre ich sie an. „Gibt es noch etwas, was du mir beichten willst?“, krächze ich. Emily prustet lauthals los. „Nein, keine Sorge!“, lacht sie, „Tut mir leid. Ich wollte einfach nochmal irgendwen küssen, bevor ich dem Leben adieu sage, und du warst gerade griffbereit. Also... hab ich mir die Freiheit einfach genommen.“ Sie zwinkert mir vergnügt zu.

Ich fass es nicht. Sie lacht mich doch tatsächlich aus! Schon wieder! „Scheiße.“, sage ich tonlos.
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BeitragThema: Re: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptyMo Feb 04, 2013 7:08 pm

Ich finde das hast du super gekürzt! Also, ich hab es jetzt nicht direkt in Vergleich gestellt, aber in der kurzen Version fehlte, meiner Meinung nach, nichts. Wink
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BeitragThema: Re: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptyMo Feb 04, 2013 7:20 pm

Danke, dat freut mi :3
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BeitragThema: Re: Der letzte Herbst   Der letzte Herbst EmptyMo Feb 04, 2013 9:08 pm

Ich habs gelesen Very Happy Wünsche dir auch viel Glück!
(Also, was ich persönlich noch sagen würde, wenn es nicht die endversion sein sollte, und meine Ansprüche nicht so oder so zu hoch wären um die jetzt noch umzusetzen bzw. viel zu selbstverliebt XD Das sage ich jetzt auch noch, musst du aber nicht unbedingt lesen, weil ich finde, das ist schon ein sendungsgut :3
Der Anfang ist mir zu seichte...die Vorstellung von dem Berg wollte irgendwie nicht so recht in meinen Kopf hinnein, er wechselte immer wieder die vorm zwischen sandiger einöde, grasbewachsenen weiten und Bäumen Öwö....und auch der Schluss ist mir etwas fadenscheinig...das mit dem Kuss ist sehr nett, und die aufleitung; ich hatte schon das Gefühl, das sie nicht mehr lange zu leben hat ~ Gehirntumor D: ich hasse Gehinrtumore verdammt und alle tumore und krebs Sad hab schon viel zu oft bekantschaft damit gemacht ~ was mir wieder fehlt ist die umgebung, da steht auf son er winzigen vbergspitze eine Bank, eine Morsche neben einer Klippe Öwö XD aber wie gesagt meine Vorstellung...und sie ist mir ein bisschen zu unbesorgt. Selbst wenn die einstellung auch sehr toll ist, diese einstellung vor dem Tod noch was erleben; angst ist immer da, eine ungewissheit, eine wunsch nicht zu verlieren, was man im Leben hat, weil man nicht weiß, ob man es im Tod hat...)
So, das in denn klammern musst du nicht gelesen haben, aber ich wette du hast es doch; aber denk dir nichts dabei Very Happy Es ist schon sehr gut, wie es jetzt ist.... ;D
Was hast g´sogt? Sehr seltsame Schreibweise XD musste gleich an meine tief dialektisch verwurzelten Klassenkameraden denken, obwohl du das wahrscheinlich gar nicht beabsichtiigt hattest Very Happy
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