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 Manfredos Tagebuch: 5. Kapitel

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Faules_Kätzchen
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Manfredos Tagebuch: 5. Kapitel Empty
BeitragThema: Manfredos Tagebuch: 5. Kapitel   Manfredos Tagebuch: 5. Kapitel EmptyMo Jan 24, 2011 9:35 pm

Es gibt mal wieder Neues vom kleinen Nintendospiel-Macho Manfredo. Cool

Das Insektikus-Turnier
Samstag,
den 25. April
2009
Heute sprang ich wieder früh aus den Federn. Ich hatte furchtbaren Muskelkater, doch schließlich war ich ein harter Kerl und ging trotzdem Joggen. Als ich später im Vorgarten mit meinen Hanteln trainierte, hörte ich eine Durchsage des lahmen Bürgermeisters: „Guten Mooorgen, liebe Bürger von Island! Heeuute findet unser sehnsüchtig erwartetes Inseeektikus-Turnier statt! Auf den Sieger wartet wie immer der begehrte Inseeektikus-Maaaster-Goldpokaaal, also legt euch ooordentlich ins Zeug!“, leierte er herunter. Das musste er mir nicht zweimal sagen. Am liebsten wäre ich sofort losgelaufen und hätte Insekten gefangen, aber im Moment war ich dafür leider zu beschäftigt.
Auf einmal schaute Vanessa verschlafen aus dem Haus heraus. Sie trug das gleiche Nachthemd wie bei meiner Ankunft, eins in zartem Pastell-Rosa. Und wieder sah sie so hinreißend süß aus. Ich bekam weiche Knie und legte schnell die Hanteln weg, um sie nicht aus Versehen fallen zu lassen.
„Morgen, Manfredo! Puh, sag mal, wann stehst du eigentlich auf, wenn du jetzt schon wieder trainierst? Meinst du nicht, dass du es ein bisschen übertreibst?“
Ich verschluckte mich fast. „Ü-übertreiben?! Findest du wirklich?“
Sie zuckte nur unbestimmt mit den Schultern, lächelte schüchtern und verknotete ihre zarten Finger ineinander. „Nun ja, immer, wenn ich dich sehe, bist du beschäftigt. Du hast nie wirklich Freizeit, und... ja, ich finde, du übertreibst.“
Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. Die Situation war mir äußerst unangenehm. Ich hatte immer gedacht, Mädels standen darauf, wenn man pausenlos trainierte und ein richtiger Muskelprotz wurde. Aber Vanessa war ja auch kein normales Girl, verglichen mit den Mädels, die ich normalerweise anbaggerte. Vermutlich fiel es mir dies auch deshalb bei ihr so schwer. Ich räusperte mich und wechselte abrupt das Thema: „Sag mal, nimmst du eigentlich an dem Insektikus-Turnier teil?“
Sie schien ebenfalls froh zu sein, über etwas anderes zu reden. „Klar, alle machen mit. Ich befürchte nur, dass Frank sowieso wieder gewinnt. Aber was soll's, es macht mir einfach Spaß, Insekten zu fangen. Das ist fast so gut wie Angeln.“
„Wie, und es macht dir gar nichts aus, wenn du verlierst?“, fragte ich überrascht. Vanessa zuckte wieder nur mit den Schultern. „Nicht wirklich. Es geht doch nur darum, Spaß zu haben, auch wenn Einige das anders sehen... manchmal, wenn ich ein sehr großes Insekt habe, verschenke ich es an jemanden, der unbedingt gewinnen möchte. Das macht mich ehrlich gesagt viel glücklicher, als am Ende selbst im Rampenlicht zu stehen.“
Ich hätte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht damit! Zugegeben, mir war schon klar gewesen, dass Vanessa vermutlich nicht gerade die ehrgeizigste Sorte Mensch war; doch dass sie sich so partout dagegen sträubte, Annerkennung zu bekommen, hätte ich nun auch nicht gedacht.
„Ach so, Capito!“, sagte ich stattdessen. „Du stehst anscheinend nicht gerne im Mittelpunkt.“
„Ja, damit hast du wohl recht...“ Vanessa bekam ganz rote Ohren. Genau wie bei mir, wenn mir etwas peinlich war! Nur, dass es bei ihr sogar ganz süß aussah. „Wie auch immer, ich werde dann mal losgehen und ein paar Insekten fangen. Wir seh'n uns!“, sagte sie, winkte noch einmal kurz in meine Richtung und zog die Haustür wieder hinter sich zu. Ich betrachtete kurz meine Hanteln, packte sie dann aber kurzentschlossen weg und folgte Vanessa stattdessen ins Haus, um ebenfalls meinen Kescher zu holen. In Null Komma nichts war ich bereit für die Jagd und lief in freudiger Erwartung auf meinen ersten Fang vor dem Haus hin und her.
Bahn frei für Manfredo Zimmermann, den größten Insektenfänger aller Zeiten!
Ich schaute mich um, entdeckte in einiger Entfernung einen Schmetterling und sprintete ohne zu zögern darauf zu. Ich schleuderte meinen Kescher wie einen Morgenstern, brüllte einen waschechten Tarzan-Schrei und stellte mir vor, der Schmetterling sei ein gefährliches Monster, welches Vanessa entführt hatte. Im Galopp preschte ich furchtlos auf einem fiktiven Ritterpferd heran, um den Feind zu überwältigen und die Prinzessin zu retten. Dann stürzte ich mich im Hechtsprung auf das Insekt - doch ich verfehlte es und landete ziemlich unsanft auf der Erde. Der Schmetterling gab ein knirschendes Geräusch von sich, als ich ihn dabei unter meinen Knien begrub. Verdammt! Konnte der nicht einfach ganz gesittet in meinen Kescher fliegen? Warum machte der denn so einen Mist?!
Kaum hatte ich mich wieder aufgerichtet und betrachtete unglücklich das Schlamassel, als ich schon Emma's besorgte Stimme hörte. Kurz darauf tauchte sie zwischen den Bäumen auf. „Manfredo, was ist passiert? Ich habe dich schreien gehört, weißt du!“
„Ach, alles okay, hab mich nur grad auf die Fresse gelegt. Und... dabei ist dieses unschuldige kleine Ding verunglückt.“, erklärte ich beschämt und zeigte auf den schwarzen Matsch und die zerknickten gelben Flügel, die immernoch an meinem Bein klebten. Ich hob einen Stock auf und kratzte es mir von der Hose. Emma schaute ein bisschen verwirrt zwischen meinem Kescher und den Überresten des Schmetterlings hin und her. „Wie, du meinst, du hast versucht, ihn zu fangen? Wie konnte das dann passieren?“
„Naja...“ Ich drehte den Kescher in meiner Hand und druckste herum. „Ich hab noch nie Insekten gefangen. Ich glaube, ich habe irgendwas falsch gemacht.“
„Ja, das würde ich auch sagen!“ Emma nickte heftig, betrachtete nochmal mit großen Augen die Überreste des Schmetterlings und schüttelte dann ungläubig den Kopf. „Aber weißt du was, ich könnte es dir ja mal zeigen. Also, Insekten zu fangen, ohne sie dabei zu pürieren, weißt du. Ist gar nicht so schwer!“
Ich grinste dankbar. „Das wäre cool von dir! Dann lass mal sehen, wenn's nicht zu lange dauert. Ich will dich ja nicht aufhalten.“

Nachdem ich das Insektenjagen einigermaßen drauf hatte, brachte ich jedes gefangene Tierchen zum Bürgermeister, der sich vor dem Rathaus herumtrieb und diese freudig entgegennahm. Und schließlich war es dann so weit: ich hatte das größte Insekt von allen gefangen! Das hieß, dass ich in Führung lag!
Hehe, Frank ärgert sich bestimmt grün und blau!, dachte ich schadenfroh. Als ich ihn einmal auf der anderen Seite des Flusses entlang gehen sah, rief ich ihm hämisch zu: „Dumm gelaufen, was, Frank?“
„Sei du bloß froh, dass der Fluss zwischen uns ist, ey“, knurrte er zurück, „das Turnier ist noch nicht vorbei!“ Damit hatte er ausnahmsweise mal recht. Obwohl ich es lieber gehabt hätte, wenn es schon zu Ende gewesen wäre. Dann hätte ich nämlich den Pokal bekommen, ha! Kaum in Island, schon den Champion geschlagen.
Ich legte mich also weiterhin mächtig ins Zeug. Ab und zu kam eine Durchsage durch das Mikrophon, wie viele Stunden das Turnier noch dauerte oder wer einen neuen Rekord aufgestellt hatte. Wenige Minuten vor 18 Uhr, dem Ende der Veranstaltung, war ich wieder vorne, dicht gefolgt von Nici und Frank. Da sah ich plötzlich einen absolut riesigen Schmetterling, der meinen eigenen Rekord gebrochen hätte. Den musste ich haben! Wie Emma es mir gezeigt hatte, schlich ich mich vorsichtig an, den Kescher bereits fest mit beiden Händen gepackt. Im nächsten Moment aber entdeckte ich noch etwas; oder besser gesagt, noch jemanden: Frank, der sich ebenfalls dem großen Flatterling näherte. Auch er hatte mich bereits gesehen. „Bilde dir bloß nicht ein, du könntest mir ein Insekt wegschnappen, ey!“, zischte er, ohne den Schmetterling aus den Augen zu lassen. Wir standen inzwischen beide in Reichweite des Tieres. Es bewegte sachte die Flügel, während es mit seinem Rüssel von einer Blüte Nektar trank. „Falls du's weißt, ich liege immernoch vorne, klar?!“, erwiderte ich.
„Noch!“ Frank löste für den Bruchteil einer Sekunde den Blick von dem Insekt. Wahrscheinlich schaute er nach, ob ich auch schon den Kescher erhoben hatte, wie er. „Aber das wird sich bald ändern, ey. Seit drei Jahren hat mich keiner mehr beim Insektikus-Turnier besiegt, und das wird sich auch nicht ändern, nur weil du Möchtegern-Held hier aufkreuzt!“
„Ich ein Möchtegern-Held?! Was bist du denn dann? Du kommst dir wohl besonders cool vor, nur weil du ein paar Insekten gefangen hast!“
„Du kannst mich mal, Zimmermann.“, grunzte Frank wütend und schlug mit dem Kescher nach dem Schmetterling. Doch ich reagierte schneller, als er wohl erwartet hatte: Blitzschnell rempelte ich gegen ihn, sodass er stolperte und der Schmetterling aus seinem Kescher entwischte.
„Behindertes Kind!“, schimpfte er, als er aufsprang und seinem Fang hinterherlief. Ich zeigte feixend mit dem Finger auf ihn. „Hahaha! Wer zuletzt lacht, lacht am besten, Frank! Das kommt davon, wenn man sich mit einem Italiano wie mir anlegt.“ Amüsiert schaute ich Frank weiter dabei zu, wie er versuchte, den Schmetterling einzuholen.
„Das zahl' ich dir noch heim!“, rief dieser aufgebracht. Seine Stimme überschlug sich fast. Noch immer hatte er das Insekt noch nicht einmal andeutungsweise eingeholt, und ich wollte gerade zufrieden wegzockeln, als es plötzlich doch noch interessant wurde. Vanessa kam nämlich hinter einem Busch hervor gesprungen und hatte ruck, zuck, den Schmetterling im Kescher. Frank bremste überrascht ab und blieb vor ihr stehen. „Vanessa, ey, das ist meiner!“, sagte er anklagend, wie ein kleines Kind, dem man das Spielzeug weggenommen hatte.
„Jetzt ist es aber meiner“, erwiderte Vanessa nur kurz angebunden. Dann ließ sie den sprachlosen Frank einfach stehen, machte kehrt und ging davon.

„...und die Gewinnerin des Insektikus-Master-Goldpokals iiiiiiiiiiiiiiiiiist: Vanessa!“
„Juchu! Bravo, Vanessa! Du hast es Frank gezeigt!“, riefen Conny, Emma und Zenobi, als Vanessa mit glühenden Ohren auf die Freilichtbühne vor dem Rathaus kam und vom Bürgermeister den Pokal überreicht bekam. Sie grinste nervös, aber ich merkte ihr an, dass sie wirklich glücklich war. Strahlend schüttelte sie dem Bürgermeister die Hand, bekam auch noch eine Urkunde überreicht und verbeugte sich sogar schüchtern vor den anderen Dorfbewohnern.
„Buuuuuh!“, grölte Frank.
„Buuuuuh!“, kreischte Zita.
„Halt's Maul!“, brüllte ich.
Ich war kurz davor, den beiden eine runter zu hauen. Die waren doch mit ihrer Clique nur hier angetanzt, um Vanessa lauthals schlecht zu machen! Klar, ich hätte in diesem Moment auch lieber selbst auf der Bühne gestanden, aber Vanessa hatte sich den Sieg verdient. Wie oft hätte sie vorher vielleicht schon gewonnen, wenn sie ihre größten Insekten nicht verschenkt hätte?
Außerdem wurde sie durch dieses hirngestörte Herumgebuhe bestimmt nicht selbstbewusster. Schnell verließ sie die Bühne wieder, den Pokal und die Urkunde vorsichtig mit beiden Händen vor sich her tragend. Der Bürgermeister führte noch ein bisschen Selbstgespräche ins Mikrofon, aber ich hörte nicht mehr zu. Allmählich wandten sich die Blicke von Vanessa ab und ihre Ohren bekamen wieder ihre normale Farbe. Ich ging zu ihr.
„Warte mal, Vanessa.“
Sie drehte sich zu mir um. Dabei flatterte ihr die Urkunde aus der Hand. „Oh!“, rief sie und griff im selben Moment danach wie ich. Für den Bruchteil einer Sekunde streiften sich unsere Hände und sie zog ihre verlegen zurück. Ich versuchte, cool zu bleiben und hob die Urkunde wie selbstverständlich für sie auf. „Danke.“, murmelte sie und nahm sie wieder an sich. Gemeinsam machten wir uns schweigend auf den Weg nach hause. Ich wusste nicht wirklich, wohin mit meinen Händen, sie baumelten plötzlich so nutzlos an mir herum; und unser Schweigen wurde langsam auch unangenehm. Mamma mia, Manfredo! Dann rede eben mit Vanessa, sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen! Ist das denn so anspruchsvoll für jemanden wie dich?!
Ich räusperte mich. „Der Pokal sieht schwer aus. Kann ich ihn dir nicht abnehmen?“
Vanessa lächelte erleichtert, als hätte auch sie die ganze Zeit nach einem Gesprächsthema gesucht. „Gerne, wenn es dir nichts ausmacht.“
„Garantiert nicht.- So. Okay, ich hab ihn, du kannst loslassen. Mamma Mia, ganz schön schwer!“ Nebeneinander gingen wir weiter. Hinter unserem Haus ging gerade die Sonne unter. Der Himmel war beinah wolkenlos, er sah aus, als würde er bluten. Weiter im Osten glitzerten schon einzelne Sterne. „Danke übrigens.“, sagte Vanessa. Ich schaute sie an. „Wofür?“
„Ach... für alles bisher. Du bist immer so hilfsbereit.“
„Klar, für hübsche Ladies immer!“ Sie bekam schon wieder so rote Ohren. Das war mir peinlich. „Lust auf einen Drink?“, versuchte ich deshalb schnell, vom Thema abzulenken.
„Gern. Lass uns nur vorher die Sachen ins Haus bringen.“
„Natürlich. Und, ähm... Ich bin ja noch relativ neu hier. Gibt’s denn in der Nähe irgendwo 'ne coole Bar oder so?“
„Also, eine Bar jetzt nicht direkt. Aber ich dachte, wir könnten ins Museum gehen. Da gibt’s echt guten Kaffee. Warst du noch nie dort?“
„Ehrlich gesagt, nein.“
„Da verpasst du aber was. Ich mag ja eigentlich keinen Kaffee, aber der schmeckt echt super.“
„Na dann...“ Umständlich öffnete ich die Haustür mit dem Ellenbogen. Dann wuchtete ich den Pokal die Treppe hoch. „Ich stell den Pokal vor dein Bett, okay?“, rief ich runter. Sie antwortete nicht. Na gut, keine Antwort ist auch eine Antwort.
Ich wertete das als Zustimmung, stellte das goldene Ding ab und kam wieder die Treppe hinuntergepoltert. Die vorletzte Stufe quietschte, wie ich feststellte.
„Du nimmst Geld mit?“, fragte ich, als ich sah, wie Vanessa ein Portemonnaie einsteckte.
„Warum nicht?“, fragte sie zurück. „Ich möchte dich mal einladen.“
„Ach, das ist doch nicht nötig!“
„Doch, das macht mir nichts aus! Komm schon, Manfredo, du musst es nicht bezahlen. Du hast doch bestimmt fast gar kein Geld.“, sagte sie mitfühlend, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
„Naja... damit könntest du recht haben. Trotzdem, ich werde nicht zulassen, dass du für mich Geld ausgeben musst! Eher lade ich dich ein.“
„Du bist ein ganz schön hartnäckiger Gentleman, hat dir das schon mal jemand gesagt? Na schön. Wenn du darauf bestehst...“ Vanessa lächelte, als ich ihr die Tür aufhielt. Ein kühler Windzug kam herein. Dann waren wir draußen und gingen Seite an Seite den Weg zum Museum hoch. Die Dämmerung hatte nun endgültig eingesetzt und die Sterne blinkten noch heller als zuvor. Je dunkler die Nacht wurde, umso mehr Sterne schienen es zu werden. Irgendwann legte ich erstaunt den Kopf in den Nacken und schaute hinauf. Zu hause in Italien war mir nie aufgefallen, wie viele es waren. Wahrscheinlich lag das daran, dass es in der Stadt sowieso schon so hell war im Gegensatz zu hier. Es waren tausende Sterne! Nein, mehr! Und zu jedem gehörte eine eigene Galaxie! Vielleicht war irgendwo da draußen noch ein anderes intelligentes Leben und sah unsere Sonne nur als einen kleinen Stern unter vielen... Das musste man sich mal vorstellen! Plötzlich spürte ich Vanessas Blick. Ich schaute zurück und wurde rot. Erst jetzt merkte ich, dass wir stehen geblieben waren. „Woran denkst du, Manfredo?“ Gute Frage. Wie klein und unbedeutend die Erde war? Wie unglaublich viele Sterne es doch gab? Nein, das konnte ich unmöglich sagen. Was sollte Vanessa denn von mir denken? Dass ich ein langweiliger Einfaltspinsel war, der stundenlang in den Sternenhimmel glubschte und das auch noch toll fand? Andererseits fand Vanessa den Nachthimmel vielleicht romantisch. Trotzdem, für einen harten Kerl war das alles viel zu weicheierig. Ich dachte fieberhaft nach und fand einen Kompromiss.
„Daran, was für eine verblüffende Ähnlichkeit die Sterne mit deinen Augen haben.“, sagte ich augenzwinkernd. Zugegeben, furchtbar kitschig. Aber bei Vanessa traf ich damit ins Schwarze. Sie bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln für das Kompliment. „Danke, Manfredo. Oh, schau mal, eine Sternschnuppe!“ Aufgeregt zeigte sie zum Horizont. Ich sah dort im letzten Moment Etwas aufblinken. „Manche meinen ja, jetzt kann man sich was wünschen.“, sagte sie verträumt.
„Und?“, hakte ich nach und schaute sie an, „Was meinst du?“ Sie schaute noch eine Weile in den Himmel. Dann zuckte sie die Schultern. „Kann ja nicht schaden, wenn man sich was wünscht, oder? Man darf es nur nicht laut sagen.“
Durchdringend musterte ich sie, doch sie schien es ernst zu meinen. Okay, überlegte ich, dann wünsche ich mir, auch wenn's albern ist, dass Vanessa vielleicht irgendwann einmal - „Geh´n wir?“, fragte sie. Ich räusperte mich und antwortete dann selbstbewusst: „Yo, alles klar!“
Wir setzten uns also wieder in Bewegung, überquerten die Flussbrücke, unter der das leise plätschernde Wasser den Sternenhimmel spiegelte, und ins Museum. Dort saß allerdings nicht nur der einsame Kaffeeverkäufer Kofi, sondern auf der kleinen Bühne in der Mitte stand ein Typ mit einer Gitarre, der etwas älter als ich und fast genauso cool aussah.
„Hallo Vanessa!“, sagte er lässig.
„Hallo!“ Vanessa schien ganz entzückt zu sein.
Zu mir gewandt erklärte der Typ: „Hi, ich bin K.K. und spiele hier eigentlich jeden Samstagabend. Und wer bist du?“
„Manfredo.“, antwortete ich mit einem leicht herausfordernden Unterton.
Er schien diesen jedoch nicht zu bemerken oder ignorierte ihn zumindest. „Manfredo? Cool. Lust auf einen Song?“
„Oh, ja, gerne!“, rief Vanessa ganz aufgeregt, noch bevor ich etwas erwidern konnte.
„Cool. Hey, wenn ihr was Bestimmtes hören wollt, gebt Bescheid. Ich nehme auch Musikwünsche entgegen, ihr müsst sie nur äußern.“
„Diesmal nicht“, antwortete ich schnell. Ich war immernoch ein wenig skeptisch gegenüber einem Kerl, der von Vanessa anscheinend so verehrt wurde. Dabei wusste ich noch nicht mal, was mich daran eigentlich so störte. Oder wollte es mir jedenfalls nicht eingestehen.
„Okay.“ K.K. zupfte kurz an seiner E-Gitarre, um sie zu stimmen. „Meine Axt ist bereit, also nehmt Platz.“
Wir setzten uns also auf zwei Stühle, die an einem kleinen Tisch vor der Bühne standen. Wir waren die einzigen Zuhörer, abgesehen von Kofi zumindest, doch der schien sich gerade im Tiefschlaf zu befinden.
„Und jetzt ein absoluter Hit: K.K.Orientsong!“, rief K.K. und rockte die Bühne.
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