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 Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel

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Faules_Kätzchen
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Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel Empty
BeitragThema: Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel EmptyFr Apr 01, 2011 5:25 pm

Peace, Leute! Heute geht es mal wieder um Romantik I love you und das nasse Element! Blubbi
Viel Spaß beim Lesen!! study study

Romantik und me(e)hr
Montag,
den 18. Mai
2009
Nici nannte uns Stubenhocker. Sollte sie doch. Sie war ja nur neidisch! Seit gestern hatten wir jetzt nämlich ein zweites Zimmer, in dem Vanessa und ich uns 24 Stunden täglich verkrochen. Das hatten wir uns verdient, dafür, dass wir nur zu zweit den Kredit abbezahlt hatten! Vanessa hatte mir nämlich erzählt, dass sie aus Lekahall fremde Früchte mitbringen könnte, die nicht nur für etwas Abwechslung sorgen würden, sondern auch mehr Geld einbrächten. Also half ich ihr (nach anfänglichem Widerstreben meinerseits) dabei, sie hier in Island einzupflanzen, damit neue Bäume wuchsen. Diese wurden erstaunlich schnell immer größer; schon ein paar Tage später konnten wir wieder ernten und schnell den Kredit abbezahlen. Tja, und gestern war es dann endlich so weit. Nici freute sich mindestens genauso wie wir über das zweite Zimmer, vermutlich weil sie sich schon denken konnte, dass wir diesen Raum einnehmen und sie das Zimmer im Erdgeschoss für sich haben könnte. Wir einigten uns aber darauf, das untere Zimmer alle als Küche zu nutzen, da es so groß war. Dass Vanessa's und mein gemeinsames Zimmer um einiges kleiner war, machte uns nichts aus. Im Gegenteil: so war es wenigstens schön kuschelig...
Zur Feier des Tages bereitete Vanessa einen Obstsalat zu. Mir gingen bei dem Anblick fast die Augen über. Nie, wirklich nie in meinem Leben hätte ich es für möglich gehalten, mich einmal so sehr über eine Mischung aus Apfel-, Orangen-, Birnen-, Pfirsichstückchen, Kokosmark und Kirschen zu freuen. Doch ich hatte so lange keine anderen Früchte als Äpfel gesehen, dass ich mich förmlich darauf stürzte, was Nici ein wenig belächelte. Aber was soll's, Vanessa war es ja gar nicht so wichtig, dass ich immer cool blieb und mich zurückhielt bei allem, was grün war. Ihr schien es sogar zu gefallen, dass ich mich beinah in die Obstschüssel setzte vor Heißhunger.
Nach dem großen Futtern richteten wir unser Zimmer schleunigst als Liebesnest ein, mit Herzchenmöbeln, Herzchenteppich und pinker Tapete, weil es gerade keine Herzchentapete bei Nook gab. Dafür hatte Vanessa im Katalog ein Herzchendoppelbett bestellt, das dann heute ankam. Wir probierten es natürlich sofort aus. Himmlisch, konnte ich nur sagen, einfach himmlisch! Es war zwar mehr als uncool, aber wen interessierte das schon? Außer Nici kannte sowieso keiner unsere Wohngewohnheiten. Sie richtete das untere Zimmer nun ganz nach ihrem Geschmack ein. Doch sie war nicht viel dort, weil sie behauptete, unser Rumgeschnulze nicht ertragen zu können. Dabei machten wir extra immer die Tür zu!
Aber sie hatte schon nicht ganz Unrecht, wir waren wirklich den ganzen Tag nur am Knutschen und Komplimente machen. Aber ich meine, was sollte man schon Anderes machen, wenn man verliebt war? Und ich liebte meine Vanessa ja sooo sehr! Mamma mia, ich wusste gar nicht, wohin mit der ganzen Liebe. Dann kam mir die Idee, Vanessa Liebesbriefe zu schreiben. Mir fiel ein, dass ich ihr immer noch nicht mein Frühlingsgedicht überreicht hatte. Also schrieb ich:

Liebste Vanessa! <3
Dieses Gedicht habe ich vor Kurzem für dich geschrieben.
Stell dir vor, das war vor unserem ersten Kuss!
Gab es eine Zeit davor? Wink
Mit Herz<3, dein Manfredo


„Ein Gedicht?“, rief Vanessa überrascht, als sie den Brief öffnete, „Von dir?“
„Aber natürlich.“, antwortete ich, „Extra für dich!“
Vanessa lächelte mich wimpernklimpernd an. Dann las sie laut vor:

Ich
sehe dich
zwischen blühenden Bäumen
sitzen und Äpfel essen.
Frühling

Oh, Manfredo, das ist aber süß von dir! Ein Elfchen!“
Die einzige Gedichtform, die ich kann, dachte ich mir nur insgeheim, während sie mir zum Dank einen Kuss gab. Wie gesagt, wir knutschten inzwischen fast den ganzen Tag, sodass Vanessa dauernd ihren Lipgloss erneuern musste. Ich glaube, wenn sie das nicht tun würde, wären unsere Lippen schon ganz wund vom vielen Küssen. Wir hatten also einen hohen Lipglossverbrauch, sodass sie heute morgen doch einmal das Haus verlassen musste, um beim Nook neuen zu kaufen (mit Erdbeergeschmack, wie ich später bemerkte...). Ich begleitete sie ausnahmsweise nicht, da ich in ihrer Abwesenheit neue Liebesbriefe verfassen wollte.
Ich saß gerade mit einem Blatt Blümchenbriefpapier auf dem Herzchenbett und grübelte über dem zweiten Liebesbrief an meine Süße, als ich sie wieder die Treppe hochkommen hörte. Schnell faltete ich das Papier zusammen, denn sie sollte ihn natürlich erst lesen, wenn er fertig war. „Schau mal, Schatzi!“, rief sie begeistert, „Bei Tom Nook gibt’s jetzt einen Frisörsalon! Da musst du unbedingt auch mal hin!“
Ich fiel fast in Ohnmacht, als ich ihre Frisur sah. „Oh Vanessa! Das sieht aber SÜSS aus!“ Mamma mia, und wie süß das aussah! Ihre Haare waren rosa gefärbt und zu zuckersüßen Engelslöckchen gekringelt. Außerdem hatte sie einen Seitenpony verpasst bekommen, unter dem sie unheimlich niedlich hervorblinzelte.
Ich konnte nicht anders, ich musste sie sofort wieder in die Arme nehmen und küssen. Dazu musste man anmerken: es gab verschiedene Kussarten. Wir zum Beispiel waren inzwischen beim Knuddel- oder Parkbankkuss angekommen, bei dem man sich so sehr miteinander verknotete, dass man nicht mehr wusste, welches die eigenen Arme und Beine waren und welche nicht.
Als Nici auf dem Weg ins Schlafzimmer die Treppe hochkam und ihr Blick dabei zufällig in unser Zimmer fiel, dauerte es deshalb eine Weile, bis wir uns wieder auseinandergefusselt hatten. Hammerpeinlich, sag ich nur.
Ich musste wieder an den Moment denken, als Nici uns ebenfalls zusammen gesehen und geradezu entsetzt gefragt hatte: „Was macht ihr denn da? Rumknutschen, oder was?“
Jaja, das waren noch Zeiten...

Fast den ganzen restlichen Tag beschäftigten wir uns damit, uns Liebesbriefe zu schreiben. Natürlich verschickten wir sie nicht, sondern versteckten sie füreinander im Herzchenzimmer und der Andere musste sie dann suchen.
Eigentlich schrieben wir immer dasselbe, nur eben immer anders ausgedrückt. Komischerweise wurde uns dabei aber nie langweilig. Wir beschäftigten uns stundenlang mit den Liebesbriefen, bis die Abenddämmerung anbrach und ich vorschlug, einen romantischen Spaziergang zu machen. Natürlich willigte Vanessa sofort ein.
Wir gingen zum Meer. Die Palmen, die wir gepflanzt hatten, trugen schon Kokosnüsse. Da hätte ich jetzt Appetit drauf gehabt!
Aber bei all meiner Stärke: dazu, eine Kokosnuss mit bloßen Händen zu öffnen, reichte meine Kraft nun auch nicht.
Hand in Hand gingen wir mit den Füßen ins Wasser. Es war noch warm von der Sonne und auch die Luft war längst nicht mehr so kalt wie noch vor zwei Wochen, als ich Vanessa meine Jacke gegeben hatte.
„Es wird Sommer“, stellte Vanessa fest und lächelte.
„Stimmt.“
Wir hörten Insekten summen und Grillen zirpen. Es war wie in einem romantischen Sommerfilm. Mit dem Unterschied, dass es in Liebesfilmen keine Mücken gab.
„Shit, ich glaube, eine Mücke hat mich gestochen!“, fluchte ich und rieb mir das Bein, „Das juckt vielleicht!“
„Kühl den Stich doch im Wasser.“, schlug Vanessa vor.
„Naja, das kühlt ja kaum. Das ist so warm, da könnte man schon drin schwimmen!“
Ich rieb mir noch eine Weile das Bein. Dann kam mir eine Idee. Ich schaute Vanessa vielsagend an. „Wollen wir?“
Mit großen Augen blinzelte sie zu mir hoch. „Schwimmen? Jetzt? Hier?“
Ich nickte.
Da strahlte sie. „Oh Manfredo, das ist ja sooo eine romantische Idee von dir!“
Wir zogen also unsere Kleidung aus (abgesehen von der Unterwäsche natürlich!) und legten sie in den Sand. Dann liefen wir Hand in Hand ins Wasser. Es war doch etwas kälter als angenommen, doch bevor wir es uns noch anders überlegen konnten, waren wir schon ganz drinnen.
„Mamma mia, ist doch ganz schön kühl“, meinte ich, „also, wenn's dir zu kalt ist, gehen wir wieder raus, okay?“
„Okay. Aber noch geht es.“
Immernoch Hand in Hand schwammen wir los. Es war gar nicht so einfach, aber es ging und war wenigstens romantisch. Wir schwammen auf die untergehende Sonne zu, das Wasser um uns herum leuchtete rötlich.
Wir schauten uns ganz verliebt an und bewegten uns im selben Rhythmus. Vanessa's Gesicht spiegelte sich auf dem kaum bewegten Wasser. Ach, meine kleine Meerjungfrau! Mir wurde so warm ums Herz, dass mich die Kälte gar nicht störte. Wie gerne hätte ich Vanessa jetzt geküsst, aber das ging beim Schwimmen nun wirklich nicht. Ich meine - Händchen halten, okay; aber knutschen?!
„Schau mal nach unten, Manfredo“, sagte sie. „Ist das nicht wunderschön?“
Ich befolgte ihren Vorschlag. „Donnerwetter! Du hast recht, meine Süße.“ Das war ja das reinste Paradies da unten im Wasser! Hier, nah bei der Küste, war es noch relativ flach und alles glasklar zu erkennen. Wie in diesen türkisfarbenen Lagunen auf Ferienpostkarten. Lauter kleine glitzernde Fische schwammen als silbrige Masse umher. Der Schwarm wirkte nicht wie viele, sondern wie ein Tier, so scharfe Kurven und schnelle Tempowechsel schwamm er. Dazwischen bewegten sich etwas größere, buntere Fische, die kleine Schleier hinter sich her zu ziehen schienen. Sogar ein paar perlmuttfarbene Quallen schwebten wie Ballons durch das Wasser. Irgendetwas Flaches, braunes buddelte sich in den Sand. Doch der Meeresgrund war nicht überall sandig, sondern an einigen Stellen auch felsig mit Anemonen und Felshöhlen. Ich meinte, für einen kurzen Moment eine Moräne aus einer Felsspalte herausschnappen zu sehen.
„Echt cool.“, fügte ich hinzu. „Hab gar nicht gewusst, dass das da unten SO aussieht.“
„Ja, meistens denkt man nur an die Natur an Land.“, bestätigte Vanessa. Ich sagte ihr lieber nicht, dass ich bisher sowieso selten an Natur gedacht hatte. Sie fuhr fort: „Dabei bestehen drei Viertel der Erde aus Wasser. Wusstest du das?“
„Klar, deshalb nennt man die Erde ja auch Blauer Planet.“ Sie sollte nicht denken, dass ich gar nichts wusste.
„Aber ist dir auch klar, dass nur ein winziger Anteil des Wassers auf der Erde Süßwasser ist? Drei Prozent oder so ähnlich, glaube ich. Stell dir das mal vor! All die Flüsse und Seen!“
Zugegeben, das war wirklich neu für mich. Erstaunt riss ich die Augen auf. „Echt jetzt? Drei Prozent? Ist ja ganz schön heftig. Wie riesig müssen dann bloß die Meere sein?“
Schweigend schwammen wir weiter. Drei Prozent. Das hieß ja, 97% der Wassermassen auf der Welt waren Salzwasser! Unvorstellbar, wenn man bedachte, dass die drei Prozent Süßwasser das gesamte Wasser in den Flüssen, Seen, Bächen und so weiter an Land waren! Ich meine, wie riesig waren schon die Seen in Finnland, die Großen Seen der USA, der Mississippi, der Amazonas, der Nil, die Niagara-Fälle? Gruselig.
Ich fror plötzlich im kalten Wasser. Die im Meer versinkende Sonne wirkte nicht mehr romantisch, sondern blutrot und bedrohlich. Die Wellen leuchteten nicht mehr, sondern waren schwarz und unheimlich. Nicht widerstandslos, aber doch ohne irgendetwas Haltgebendes zu finden fuhren meine Arme und Beine durchs Wasser. Sie ermüdeten mit jeder Bewegung. Den einzigen festen Punkt bildete Vanessa´s warme, zarte Hand.
Drei Prozent...
Es gab viel mehr Leben im Meer als an Land. Was wussten wir schon über die Tiefsee? Auch ohne in Bio gut aufgepasst zu haben, war mir klar, dass wir eigentlich nichts wussten. Mir fiel wieder Der Schwarm ein. Nicht der Fischschwarm, sondern DER Schwarm, das Buch von Frank Schätzing, in dem es um eine intelligente Lebensform unter Wasser ging. Ich hatte es vor Kurzem gelesen, weil mein Vater darauf bestanden hatte. Er meinte, das sei gut für meine Bildung. So schlecht war es dann auch gar nicht gewesen...
Aber wie auch immer, es war schon fast dunkel, ich konnte langsam nicht mehr und wir schwammen immernoch ins Meer hinaus. In ein völlig fremdes Universum. Wie weit hatten wir uns schon von der Küste entfernt?
Ich drehte mich auf den Rücken und schaute nach. Heiliger Bimbam!
„Wir sollten langsam mal zurückschwimmen!“, sagten wir gleichzeitig. Da musste ich doch lachen, wenn auch etwas angespannt. Cool bleiben, Manfredo! Das Meer wird dich nicht auffressen.
Wer weiß, widersprach ich mir selbst. Wenn jetzt womöglich ein Orca auftauchte... NEIN, an sowas durfte ich jetzt nicht denken! Hier gab es bestimmt gar keine Orcas.
Wir machten uns also wieder auf den Rückweg. Hauptsache, wir schafften es noch rechtzeitig. Es war so düster geworden, dass wir unsere Füße nicht mehr sehen konnten. Die Sonne war schon weg, nur noch ein heller Streifen leuchtete am Horizont.
„Wenigstens ist das Land beleuchtet“, sagte ich, nur, um Irgendetwas zu sagen.
Vanessa nickte. Auch sie wirkte nun besorgt. „Zum Glück.“
Wortlos schwammen wir weiter. Irgendwann ließ ich Vanessa's Hand los. So ließ es sich etwas leichter schwimmen. Doch die Lichter von Island wollten und wollten nicht näher kommen. Wären wir doch nur nicht so weit rausgeschwommen! Wer weiß, was unter uns alles im dunklen Wasser lauerte...?
„Vanessa?“
„Hmm?“
„Kannst du noch?“
„Es... geht schon. Mach dir um mich keine Gedanken.“
Doch sie machte einen sehr ermüdeten Eindruck. Na super! Alles meine Schuld. Wieso hatte ich nicht darauf geachtet, wie weit wir schon draußen waren? Jetzt hatte ich nicht nur mich, sondern auch noch Vanessa in Gefahr gebracht!
„Wenn du nicht mehr kannst, sag Bescheid. Du kannst dich ruhig an mir festhalten.“, sagte ich ganz heldenhaft. Dabei hätte ich selbst etwas Unterstützung gut gebrauchen können.
„Danke, es geht schon.“
Wir schwammen weiter und weiter und es wurde dunkler und dunkler. Meine Arme und Beine wurden schwer, als wenn Gewichte daran hängen würden. Hätte ich in letzter Zeit doch bloß mehr trainiert! Dann würde ich diese Distanz locker schaffen und könnte Vanessa dabei noch Huckepack tragen.
Wir schienen immer langsamer zu werden. Island kam kaum näher. Wenigstens waren die Häuser darauf es hell erleuchtet, sonst hätten wir fast gar nichts mehr gesehen. Stellte sich nur die Frage, wie lange Island Bewohner ihr Licht noch brennen lassen würden...
Plötzlich zuckte Vanessa zusammen.
„Was ist?“, fragte ich.
„Da war was.“
„Wo?“
„Unter uns. Eine Bewegung.“
Ich spähte angestrengt nach unten. Doch obwohl das Wasser eigentlich glasklar war, konnte ich wegen der Finsternis kaum einen halben Meter tief überhaupt etwas erkennen.
„War bestimmt nur Einbildung.“, sagte ich.
„Wahrscheinlich.“
Vanessa klang nicht so, als würde sie das glauben, und genauso wenig tat ich es.
Und weiter schwammen wir. Täuschte ich mich oder waren die Wellen stärker geworden? Es war noch immer so weit bis zum Festland! Mich verließ langsam der Mut. Alles meine Schuld. Hätte ich Vanessa doch bloß nicht zum Schwimmen überredet! Hätte ich doch gar nicht erst den Spaziergang vorgeschlagen!
Aber jetzt war es zu spät für solche Überlegungen. Ich durfte nicht schlappmachen! Was war denn dann mit Vanessa? Ich musste für sie durchhalten!
„Da!“, rief Vanessa so urplötzlich, dass ich zusammenzuckte und einen Schwall Salzwasser schluckte. „Da war jetzt wirklich was!“
Ich glotzte wie blöd im Wasser herum, doch wieder konnte ich nichts entdecken. Da packte mich Etwas am Arm. Ich schrie vor Schreck auf. Im selben Moment merkte ich, dass es nur Vanessa war. Sie klammerte sich an mich und war ganz kalt und zitterte. Ob vor Kälte oder Angst, wusste ich nicht.
„Manfredo, da ist was!“, wimmerte sie, während ich darum kämpfte, nicht unterzugehen.
„Mag sein... aber kannst du mich bitte erst mal wieder loslassen?“, bat ich sie.
Schuldbewusst lockerte sie ihren Griff. „Aber da ist was!“
Ich kämpfte dagegen an, nicht ebenfalls in Panik zu verfallen. „Jaja, ist ja schon gut. Beruhige dich. Ich schau mal nach, okay?“
„Wie, du willst tauchen? Da runter?“
„Nur ganz kurz, in Ordnung? Du willst doch sicher wissen, was das war.“
„Nein, Manfredo, ich will es ganz und gar nicht wissen! Und ich will auch nicht, dass du dich wieder in Gefahr bringst! Ich will einfach nur nach Hause!“
Die Ärmste, sie weinte schon wieder! Was hatte ich nur angerichtet?
„Okay, okay, ist gut. Ist ja schon gut. Wir schwimmen einfach wieder zurück, einverstanden? Das ist gar nicht mehr so weit.“
Was für eine Lüge!
Jeder Schwimmzug war eine Überwindung. Ich hatte bestimmt mehrere Krämpfe in Armen und Beinen, nur spürte ich sie kaum, weil es so abartig kalt war. Das Wasser fühlte sich an wie ein zäher Haferschleim, durch den man sich durchwühlen musste. Ich schaute mich immer wieder nervös nach links und rechts um. Wenn da jetzt wirklich was war... Ein Orca? Ein Hai?
EINE INTELLlIGENTE TIEFSEESPEZIES?!
Irgendwer starb immer zuerst. Das war im Schwarm auch so. Das Buch begann mit einem toten Fischer, getötet durch die... Yrr. Ja, so hießen sie, die Yrr. Lauerten sie dort unten? Ich guckte und guckte und starrte in die pechschwarzen Wellen.
Da! Etwas blitzte schwach auf. Waren sie das? Oder hatte ich mich getäuscht? Hatte da gar nichts geblinkt?
„Manfredo, warte!“
Ich schaute hinter mich. Oje. Vanessa war ein gutes Stück zurückgeblieben. Die arme, arme Kleine.
Ich schwamm auf der Stelle und wartete auf sie. Sie war am Ende ihrer Kräfte. Es war noch so weit bis Island. Wir waren eindeutig zu weit geschwommen.
Ich war zu weit geschwommen! Wie hatte ich mich nur so verschätzen können?
Mir wurde klar, dass wir es nicht schaffen würden. Es war nicht zu schaffen. Es müsste ein Wunder geschehen. Wieso suchte denn niemand nach uns?
Weil niemand wusste, wo wir waren. Und weil sich keiner Sorgen um uns machte, ganz einfach deshalb.
Wieso retteten uns keine Delfine? So war es doch oft. In Filmen jedenfalls.
Aber hier gab es noch nicht mal Delfine. Wenn es keine Orcas gab, was ich sehr hoffte, dann gab es auch keine Delfine.
„Ich kann nicht mehr, Manfredo“, keuchte Vanessa.
„Komm schon, du schaffst das“, redete ich ihr gut zu. Ich wollte nicht aufgeben! Und wenn ich sie an Land zerren musste! „Halt dich an meinen Schultern fest!“
Gesagt, getan. Nun, dieses Angebot war vielleicht etwas zu großzügig von mir. Angeblich war alles im Wasser leichter, aber die zarte Vanessa schien Tonnen zu wiegen!
Ich hielt es keine Minute mit ihr auf dem Rücken aus. „Geh mal bitte wieder runter“, sagte ich schließlich, da ich halb am Absaufen war, und schämte mich fürchterlich. Was war ich doch für ein Schwächling!
Doch Vanessa rutschte schweren Herzens wieder von meinem Rücken herunter. Dabei sah ich auf einmal etwas Großes hinter ihr auf uns zukommen. Es war schnell. Es war wendig. Und es schien uns schon entdeckt zu haben. Ein Orca! Die Yrr! Sie kamen uns holen!
„Schwimm um dein Leben, Vanessa!“, schrie ich, packte sie am Handgelenk und strampelte los. Mit einem Arm kraulend pflügte ich durchs Wasser.
Schneller! Schneller!
Ich hatte echt keine Kraft mehr, aber ich musste uns doch in Sicherheit bringen!
„Manfredo, warte mal kurz!“, rief Vanessa da und hielt mich zurück, „Das ist ein Boot!“
Boot? Hatte ich richtig gehört? Ungläubig hielt ich an und schaute zurück.
„Du hast recht! - Hallo, hallo, hier sind wir!“, rief ich unsinnigerweise. Wie gesagt, wir waren bereits entdeckt worden.
Beim Näherkommen erkannte ich nun auch, dass es ein Boot war. Ein sehr kleines und vorsintflutliches Kanu, das mit einer komischen Laterne schwach beleuchtet war. Ein schwarzhaariger Junge in Lederkleidung paddelte darin auf uns zu.
„Hao!“, rief er und hob Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand als Zeichen für Frieden. Glaubte ich zumindest. Vielleicht hieß es aber auch einfach nur Immer cool bleiben. „Seid ihr Freunde oder Feinde?“
„Freunde!“, rief ich prompt.
„Nun, Freunde, mein Name ist Ramo-to, das bedeutet Weiße Möwenfeder, die den Stürmen trotzt. Ihr könnt mich aber auch Ramo nennen. Wie nennt ihr euch und warum schwimmt ihr nachts im schwarzen Auge des Ozeans herum?“
Vanessa und ich sahen uns fragend an. Dann sagte sie: „Wir heißen Vanessa und Manfredo und wir sind aus Versehen zu weit aufs Meer hinausgeschwommen. Kannst du uns vielleicht helfen?“
Ramo schwieg eine Weile andächtig und schien zu überlegen. Hallo, hey, wir sind am Ertrinken und du hast nichts Besseres zu tun als dich uns vorzustellen? Was zum Himmeldonnerwetter soll das?
„Was gibt’s da noch zu überlegen? Hilf uns doch endlich!“, empörte ich mich schließlich. Ramo zeigte zum Himmel und erwiderte: „Es ist Neumond. Bei Neumond erwacht das Böse in allen Dingen, besonders im Meer. Vielleicht seid ihr zwei Wasserdämonen und wollt mir, Ramo-to, Weiße Möwenfeder, die den Stürmen trotzt, Sohn von Remo-to, meinen Talisman stehlen.“ Instinktiv griff er nach einem kleinen Ding, das ihm wie eine Kette um den Hals baumelte.
Also echt! Wasserdämonen! Das glaubte der Typ doch nicht im Ernst!
„Wir sind keine Dämonen!“, beschwerte ich mich.
„Ach nein? Wo habt ihr dann euren Talisman, der euch vor dunklen Magie der Neumondnacht schützt?“
„Äh...“ sagte ich und schaute Vanessa hilfesuchend an. Sie wandte sich selbst an Ramo. „Hier“, sagte sie und zeigte auf ihre Haarspange. Und ich? Was war mit mir? Ach ja, ich hatte noch meine wasserfeste Uhr um. „Und hier ist meiner!“, sagte ich und hielt triumphierend den Arm hoch. Ramo schien überrascht, meinte dann aber: „Anscheinend sehen die Talismane eurer Kultur anders aus als die von mir, Ramo-to, Weiße Möwenfeder, die den Stürmen trotzt. Ich weiß zwar nicht, welchem Stamm ihr angehört, doch da ihr vor Flüchen geschützt zu sein scheint, werde ich euch in eurer Not helfen. Steigt ein!“
Na, es ging also doch! Umständlich versuchten wir, ins Boot zu kriechen. Es schaukelte und schwankte. Schließlich half Ramo uns, packte uns an den Armen und zerrte uns an Bord. Mann, hatte der Armmuskeln! Ich wurde richtig neidisch. Hoffentlich imponierte er Vanessa nicht zu sehr, dachte ich. Doch sie kuschelte sich nur wortlos an mich, Ramo wickelte uns in eine dünne, gemusterte Decke und paddelte weiter. Es schaukelte sanft, Vanessa und ich waren todmüde und wären am liebsten auf der Stelle eingeschlafen. Doch als gerade Vanessa's Kopf auf meine Schulter gesunken war und ich ebenfalls kurz davor war, einzupennen, brach Ramo das Schweigen.
„Ihr habt mir noch nicht euren vollständigen Namen verraten.“ Es klang wie eine Frage.
„Vollständiger Name? Manfredo Zimmermann.“
„Ich meinte jetzt eher die Bedeutung eures Namens. Verzeih, dass ich mich undeutlich ausgedrückt habe. Die Bedeutung meines Namens kennt ihr bereits. Nun, was bedeuten die euren?“
„Keine Ahnung“, seufzte ich. Warum interessierte den Fritzen das? Sollte er sich doch was ausdenken.
„Ihr wisst es nicht? Oh. Nun, vielleicht spielt die Bedeutung bei euch keine Rolle...“
Stille. Endlich. Nur das leise Rauschen des Wassers. Jetzt einschlafen...
„Sagt, Freunde, seid ihr vom Stamm der Isländer?“, durchbrach er die Ruhe schon wieder.
„Nicht so wirklich, wir sind nur nach Island gezogen.“, murmelte ich schläfrig. „Ich komme eigentlich aus Italien, und Vanessa...“ Wo kam sie eigentlich her? Keinen Plan. Aber anscheinend schlief sie schon fast und ich wollte sie nicht wecken. Ramo schien ihre Herkunft auch nicht besonders zu interessieren, denn er fragte nicht weiter nach.
Plitsch-platsch, plitsch-platsch machte das Paddel im Wasser. Das Wasser gluckste und plätscherte unter dem Boot. Erstaunlich schnell kam Island näher, Ramo fuhr anscheinend recht flott. Ich beschloss, mir auch ein Boot zu kaufen und damit fahren zu üben.
Ich erwachte aus meinem Halbschlaf, als wir an Land anlegten. Ramo sprang ans Ufer. Der Sand knirschte unter dem Boot, als er es ein Stück auf den Strand zog. „Vanessa“, sagte ich leise. Sie schlug verschlafen die großen Augen auf. Ich strich ihr über die Wange. „Wir sind da, Süße. Wir haben es geschafft. Ist dir noch sehr kalt?“
„Nicht mehr so sehr. - Wo ist Ramo?“ Es gab mir einen Stich, dass sie zuerst nach dem komischen Indianerjungen fragte. Na, immerhin hatte er uns gerettet. War doch klar, dass sie ihm dankbar war, versuchte ich, mir einzureden.
Ramo hatte das Kanu an einer Palme festgebunden. Das Licht der kleinen Lampe schwankte in seiner Hand und tauchte ihn in goldenes Licht, als er wieder zu uns kam. „Ihr seid nun in Sicherheit, Freunde. Hier trennen sich unsere Wege. Doch könnt ihr mir vorher noch kurz helfen, dieses Haus zu finden?“ Er kramte in einer Tasche seiner Lederhose und zeigte uns ein zerknittertes Blatt Papier mit einem Haus darauf. Es sah aus wie unser früheres Haus. Apfelweg 4 stand in schlecht lesbarer Schrift daneben gekritzelt. Das WAR unser Haus!
„Yeah, null Problemo, Alter! In dem Haus wohnen wir nämlich auch.“, erklärte ich. „Aber wir ziehen uns erstmal wieder an. Komm, Vanessa!“
Ich musste meine Müdigkeit auf jeden Fall übertuschen, um neben Ramo nicht wie ein trauriger Schluck Wasser in der Kurve zu wirken.
Nachdem wir unsere Kleidung übergezogen hatten, führten wir Ramo zu dem Haus. Er war erstaunt: „Beim großen Adler, das ist ja viel größer als es mir beschrieben wurde! Habt vielen Dank, meine Freunde. Wenn ihr mir nun noch die Ehre erweisen könntet, meine Schlafstätte zu zeigen?“
„Okey-dokey! Folge uns unauffällig.“, sagte ich.
Wir führten ihn die Treppe hoch und zeigten ihm das Schlafzimmer, in dem Nici schon lautstark am Schnarchen war. „Du kannst das Gästebett dort vorn beziehen“, flüsterte Vanessa. Doch Ramo schüttelte den Kopf und schloss die Tür wieder. „Manfredo, mein Bruder, du bist sicher der Häuptling dieses Lagers. Sag, wo schläfst du? Doch wohl nicht mit den Frauen in einem Zimmer?“
„Äh... naja... also, doch, ich meine, hier ist das ganz normal so...“
„Hättest du etwas dagegen, wenn ich, Ramo-to, vor eurem Steinhaus mein Tipi aufschlagen würde?“
„Null Problemo, wenn das für dich bequem genug ist...“, antwortete ich erstaunt.
„Es ist mir eine Ehre. Ich stehe für immer in deiner Schuld, Manfredo.“
Nicht zu fassen, der Kerl verbeugte sich vor mir!
„Aber du hast uns doch gerettet!“, warf Vanessa ein.
„Ich tat nur meine Pflicht als ehrwürdiger Häuptlingssohn. - Übrigens, wäre es euch recht, wenn ich euch Schwarzer, wilder Mustang im Galopp und Kleine Blume, die sich der Sonne zuneigt nenne?“
„Von mir aus...“, gähnte Vanessa, „Aber wie kommst du darauf?“
„Diese Bedeutungen haben die Namen Wa-nesa und Mao-phe-do in unserer Sprache. Und die sind schließlich so ähnlich wie eure Namen.“
„Also, ich hab nichts dagegen“, sagte Vanessa.
„Ich auch nicht.“, stimmte ich zu.
Ramo sah zufrieden aus. „Dann wünsche ich euch eine gute Nacht, Wa-nesa und Mao-phe-do. Manitou möge über euren Schlaf wachen.“
Leise wie eine Katze schlich er die Treppe wieder hinunter. Noch nicht mal die vorletzte Stufe quietschte unter seinem Schritt. Es war unheimlich. Wie ein Geist.
Schwarzer, wilder Mustang im Galopp... Kleine Blume, die sich der Sonne zuneigt... Vanessa und ich schauten uns an und dachten wohl beide dasselbe. Dann zuckte ich mit den Schultern: „Lass uns 'ne Runde Matratzenhorchen, meine Kleine. Vergiss den Indianer.“
„Hmm...“, machte Vanessa nur schläfrig. Ich musste sie halb ins Bett tragen. Dann konnte auch ich endlich schlafen. Normalerweise hätte ich wahrscheinlich noch stundenlang wach gelegen und über Ramo nachgegrübelt, doch ich war hundemüde. Ich schaffte es kaum, mich zuzudecken, da war ich schon eingepennt.


Zuletzt von Faules_Kätzchen am So Apr 03, 2011 8:56 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet (Grund : Fehler)
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BeitragThema: Re: Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel EmptySa Apr 02, 2011 2:09 pm

Zitat :
„Ich komme eigentlich aus Island, und Vanessa...“

Ich dachte, er kommt aus Italien, oder ist das Absicht, weil er müde ist?

Sonst wie immer toll, besonders die Atmosphäre im Wasser ist toll beschrieben, insbesondere der Wechsel, als es plötzlich dunkel wird *-*
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BeitragThema: Re: Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel   Manfredo's Tagebuch: 12. Kapitel EmptySa Apr 02, 2011 8:17 pm

ups! du hast recht, da wollte ich eigentlich Italien schreiben... war wohl etwas verplant beim Schreiben ^^
Danke für den Tipp, werde ich gleich mal berichtigen! Smile
Und auch vielen Dank für dein immernoch anhaltendes Interesse an der Story! Du bist spitze! Very Happy
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